Brandenburg: Senat kippt das Kita-Volksbegehren
Jetzt muss Justiz entscheiden, ob Abstimmung zulässig wäre. In der Politik hat bereits Umdenken begonnen
Stand:
Berlin - Der Senat hat das Berliner Volksbegehren zur besseren Kita-Betreuung für unzulässig erklärt. „In seiner Größenordnung verletzt das Volksbegehren das Budgetrecht des Parlaments und ist daher verfassungsrechtlich unzulässig“, sagte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gestern nach der Senatssitzung. Dies sei „keine inhaltliche Entscheidung zum Ausbau der Kitas. Hier geht es um die rechtliche Würdigung“, betonte Zöllner. Die Initiatoren des Kita-Volksbegehrens kündigten an, gegen die Entscheidung Klage beim Landesverfassungsgericht einzureichen, sagte Burkhard Entrup vom Landeselternausschuss Kita in Berlin (LEAK). Ungeachtet der rechtlichen Prüfung aber plant die Koalition nach Informationen dieser Zeitung, den Zugang zur Kita-Betreuung zu vereinfachen und Kita-Leiter nicht wie bisher erst ab 160 Kindern pro Einrichtung freizustellen, sondern schon ab einer Zahl von 100 Kindern.
2400 zusätzliche Kita-Erzieher zu den bisher Vollzeit arbeitenden 13 500, das Recht auf sieben Stunden (bisher fünf Stunden) Kita-Betreuung für Kinder ab drei und Migrantenkinder ab zwei Jahren ohne Bedarfsprüfung, einen besseren Betreuungsschlüssel und mehr Qualifizierungsmöglichkeiten für die Pädagogen sind die zentralen Forderungen des Volksbegehrens. Die Initiatoren errechneten eine jährliche Mehrbelastung des Haushaltes von rund 96 Millionen Euro, sollten alle Forderungen umgesetzt werden. Der Senat dagegen beziffert die Kosten auf 166 Millionen Euro, sollte die Hälfte der bislang nicht betreuten Kinder künftig Kitas besuchen. Bei einer hundertprozentigen Auslastung würden die Kosten auf 212 Millionen Euro steigen.
Dieser Betrag aber liege über der sogenannten Erheblichkeitsschwelle, die laut Bildungssenator Zöllner rund 0,5 bis 0,7 Prozent des Gesamthaushaltes ausmacht. Zöllner sagte, das Verfassungsgericht werde über künftige finanzielle Obergrenzen für eine Haushaltsbelastung zu befinden haben. 66 181 Unterschriften und damit weit mehr als die erforderlichen 20 000 für die erste Stufe des Volksbegehrens haben die Initiatoren gesammelt. Mit ihren Forderungen stoßen sie auch durchaus auf Unterstützung in der Politik. „Wir teilen die Ziele, den Zugang für die Kita-Betreuung zu vereinfachen, den Betreuungsschlüssel zu verbessern. Auch ist es dringend notwendig, Personal einzustellen“, sagte die kinder- und familienpolitische Sprecherin der Linkspartei, Margrit Barth. Man wolle mit den Eltern und Senat über einen Stufenplan verhandeln, wie bestimmte Punkte schrittweise umgesetzt werden, sagte Carola Bluhm, Fraktionschefin der Linken. Auch Sandra Scheeres, jugendpolitische Sprecherin der SPD, findet das Anliegen der Kita-Initiative „verständlich“. Gestern trafen sich die Bildungspolitiker von SPD und Linken zu einer Klausurtagung. Die Ergebnisse sollen nach der Sommerpause in den Fraktionen diskutiert werden.
Derzeit arbeiten in Berlin mehr als 13 500 Erzieher in den rund 1800 Berliner Kitas und betreuen rund 107 000 Kinder. Mit knapp 40 Prozent betreuter Kinder unter drei Jahren liegt Berlin an der Spitze: Bundesweit sind es nur 15,5 Prozent. Sabine Beikler
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: