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Mauerradweg. Vor dem Brandenburger Tor begann im Juli 1987 schon einmal die Tour de France. 207 Fahrer gingen auf einen Rundkurs über 105,5 Kilometer durch den Westteil der Stadt. Anschließend wurde der Tross nach Karlsruhe geflogen, von dort aus ging es weiter.

© pa/dpa

2016 oder 2017: Senat will Tour de France in Berlin

Die Landesregierung verhandelt über ein Auftaktrennen in der Bundeshauptstadt – „gemeinsamer Kampf gegen Doping“

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Berlin - Die schnellsten Langläufer der Welt kommen jedes Jahr zum Marathon nach Berlin, in einigen Jahren sollen auf den Straßen der Stadt auch die schnellsten Radfahrer unterwegs sein. Der Senat möchte gern den Prolog der Tour de France 2016 oder 2017 nach Berlin holen. Das bestätigte der für Sport zuständige Staatssekretär Thomas Härtel dieser Zeitung. „Ich werde am Montag mit den Veranstaltern der Tour de France in Paris ein Gespräch dazu führen.“

Das Interesse bestehe auf beiden Seiten. „Die Veranstalter sind von sich aus auf Berlin zugekommen und haben sich in der Stadt auch schon umgeschaut“, sagte Härtel, der am Sonnabend nach Paris aufbricht. Der Prolog der Tour de France findet regelmäßig außerhalb Frankreichs statt, um für das Radrennen im Ausland zu werben. Gerade in Deutschland hat die Tour de France diese Werbung besonders nötig, denn eine wohl längst nicht abgeschlossene Reihe von Dopingskandalen hat den Ruf der Rundfahrt schwer beschädigt. „Wir wissen, dass die Tour de France in Deutschland sehr kritisch betrachtet wird. Wenn die Tour de France in Berlin beginnen würde, bedeutet das natürlich, dass alle Anstrengungen gegen Doping unternommen werden. Es ist ein gemeinsamer Kampf“, sagte Härtel. Trotz aller Dopingskandale im Radsport beobachte er eine „radsportfreundliche Atmosphäre in der Stadt.“ Das Sechstagerennen habe sich stabilisiert, hinzu komme der Erfolg des Velothon, der in diesem Jahr nicht nur als Rennen für Jedermann, sondern auch für Profis ausgetragen wurde. „Dieser Aufschwung kann auch dem Radsport in Deutschland zugute kommen“, sagte Härtel.

Auch die Opposition steht den Verhandlungen des Senats in Frankreich aufgeschlossen gegenüber. „Ich finde es richtig, dass Berlin sich um ein solches Ereignis bewirbt“, sagte Sebastian Czaja, der sportpolitische Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus, „es braucht Zeit, um den Radsport in der Öffentlichkeit wieder besser darzustellen, aber man darf nicht alle Nachwuchsfahrer unisono verdächtigen.“

Sein Kollege Andreas Statzkowski von der CDU hätte ebenfalls nichts gegen einen Besuch der Tour de France in Berlin, will ihn aber an zwei Bedingungen knüpfen: „Zum einen müssen die finanziellen Rahmenbedingungen stimmig sein. Zum anderen muss man dem Thema Doping nachgehen.“ In einen Vertrag könnte etwa ein Rücktrittsrecht für Berlin eingebaut werden, falls im Jahr vor dem Prolog in Berlin bei der Tour Dopingfälle auftreten sollten. Sylvia Schenk, die ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer und jetziges Vorstandsmitglied der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International hält eine deutsche Bewerbung ebenfalls für nicht verwerflich. „Bis 2016, 2017 kann ja noch einiges passieren.“ Außerdem bemühe sich die Tour de France mehr um Sauberkeit der Athleten als andere Radrennen weltweit und auch in Deutschland. „Gerade wenn Berlin von einer Olympiabewerbung träumt, könnte es hier einen Akzent setzen mit klaren Vereinbarungen für ethisch korrekte Verhaltensweisen.“

Härtel sieht sowohl für 2016 als auch für 2017 Argumente. 2017 findet in Berlin auch das Deutsche Turnfest statt und bringt großen organisatorischen Aufwand mit sich. Das spreche für 2016. Andererseits sei 2017 ein kleines Jubiläum, denn 30 Jahre zuvor, 1987, nahm die Tour de France schon einmal in Berlin ihren Anfang. Zur 750-Jahrfeier der Stadt rollten die besten Radprofis durch die Straßen. Es fanden damals zwei sogenannte Halbetappen durch den Westen statt, die erste führte vom Brandenburger Tor bis zum Rathaus Schöneberg, die zweite vom Schloss Charlottenburg zum Rathaus Schöneberg. Zuvor waren die Radfahrer noch beim Prolog über den Kurfürstendamm gerollt. Die Veranstalter sprachen damals von 100 000 Zuschauern an der Strecke, die BVG zählte wegen gesperrter Straßen 150 000 zusätzliche Fahrgäste in der U-Bahn. „Die Radsportbegeisterten fuhren dem Tross der Tour de France zum Teil unterirdisch mit der U-Bahn hinterher“, berichtete der Tagesspiegel damals und schrieb vom „wohl größten Importereignis im Jubiläumsjahr“.

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