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Brandenburg: Sexualstraftäter als Jugendklubleiter

Ein 43-jähriger Sozialarbeiter wegen Missbrauchs in 31 Fällen vor Gericht. Nur einige Taten gab er zu

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Berlin/Velten - Nach 50 Bewerbungen hatte es der Sexualstraftäter wieder geschafft. Michael W. war in die Jugendarbeit zurückgekehrt. Trotz seiner einschlägigen Vorstrafe wurde der Mann aus Berlin-Spandau in Velten Leiter des Jugendklubs „Oase“. Er habe auf den Eintrag in seinem Führungszeugnis hingewiesen, sagte der 43-Jährige gestern in Berlin im Prozess um insgesamt 31 Übergriffe auf zehn Jungen, darunter auch sein Neffe. Man habe sich dennoch für ihn entschieden. „Ich habe den Ernst der Lage nicht erkannt“, meinte W. später.

Im Dezember 1997 war der Sozialarbeiter wegen ähnlicher Taten in Berlin zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Bewährungszeit wurde auf vier Jahre festgelegt. Mit dem Urteil wurde ihm für diese Zeit auch untersagt, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Bald aber bewarb er sich um eine Stelle als Streetworker in Spandau. „Die Arbeiterwohlfahrt hat mich eingestellt“, so der Angeklagte. Doch nach ein paar Wochen habe das Bezirksamt wegen seiner Vorstrafe für ein Ende gesorgt. Etwa ein Jahr später bekam er den Job in der „Oase“ in Velten. 29 der jetzt angeklagten Taten fielen in die Zeit seiner dortigen Tätigkeit von April 2001 bis zum 22. Juni 2006.

Michael W. beschrieb sich als engagierten Sozialarbeiter. „Viele Jungs haben mich vergöttert im Haus Oase“, lobte er sich. Sehr freundschaftlich sei es dort zugegangen. Zunächst mit klaren Regeln. Kein Alkohol, keine Übernachtungen, keine Pornos“, zählte der damalige Clubleiter auf. Später allerdings habe es Ausnahmen gegeben, dann sei es ihm „nach viel Alkohol“ auch passiert, dass er einen Jungen angefasst habe.

Die Opfer waren laut Anklage zwischen elf und 16 Jahre alt. Bei Ausflügen an die See, nach München und Tschechien oder nach Club-Abenden mit Schwimmen, Sauna und Video, von W. „SSV-Party“ getauft (Bilder von den Sauna-Ausflügen standen im Internet auf „FKK-Seiten“), sei es zu Übergriffen gekommen.

W. bestritt die meisten Fälle, sein jüngstes Opfer sei 14 Jahre alt gewesen. Bei den sechs eingeräumten Fällen sei es nach Massagen oder Streicheleien zu verbotenen Berührungen, nur einmal zu einem sexuellen Verkehr mit seinem Neffen gekommen, für den habe er „mehr als Onkelgefühle“ empfunden. Auch auf Erinnerungslücken berief er sich. Einmal sei er nach viel Alkohol „mit dem Kopf auf dem nackten Bauch“ eines Schützlings aus dem Club aufgewacht.

W. redete ausführlich – vor allem, wenn er sich verteidigte. „Da waren so viele Leute im Zeltlager“, meinte er zu einem Fall. Das Risiko, entdeckt zu werden, sei viel zu groß gewesen. „Ich war nicht selbstmörderisch“, erklärte er. Warum ihn mehrere Jungen falsch belastet haben sollen, fragten die Richter. W.: „Als sie von dem Verdacht hörten, waren sie vielleicht wütend.“

Die Polizei war W. auf die Spur gekommen, weil auch Nacktaufnahmen seines Neffen im Internet standen. Darauf W.: „Das waren FKK-Bilder, die wurden mir vom Computer gestohlen.“Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. K. G.

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