Von Peter Tiede: „Sie kennen meine Meinung“
Haushaltssperre in Brandenburg: Hohe Beamte giften sich in E-Mails an und Minister Markov muss sich fragen lassen, warum er nicht an seine Reserven geht
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Potsdam - Der regierungsinterne Streit über die Anfang Juni von Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) verhängte teilweise Haushaltssperre wird zwischen den Ministerien inzwischen auf offener Bühne ausgetragen: In E-Mails, die über einen großen Verteiler innerhalb der Landesverwaltung verschickt werden gingen in der Vorwoche etwa die Leiter der Haushaltsabteilungen des Finanz- und des Bildungsministeriums aufeinander los.
Nachdem die PNN in der Vorwoche berichtet hatten, dass nach Meinung der Fach- und Haushaltsabteilungen anderer Ministerien die Sperre auf falschen und dilettantischen Berechnungen des Finanzministers beruht, schrieb der Chef der Haushaltsabteilung des Finanzministeriums, Lothar Höhn, eine E-Mail an Kollegen anderer Häuser. Höhn beklagte sich in der Rund-Mail unter anderem darüber, dass sich ein Mitarbeiter des Bildungsressorts „in gewöhnungsbedürftiger Weise“ an der Diskussion „über das Erfordernis einer Haushaltssperre beteiligt hat“. Ob mit Absicht oder nicht: Er schickte die E-Mail (siehe Kasten) über einen großen Verteiler der Landesregierung – selbst beim Verfassungsgericht konnte man mitlesen.
Was die Damen und Herren im Landesdienst aber dann als Antwort zu lesen bekamen, war brisanter: Der Leiter der Haushaltsabteilung des Bildungsministeriums, Reiner-Maria Fahlbusch, nutze seine Antwort (siehe Kasten), um dem Rest der Landesverwaltung indirekt mitzuteilen, dass er die Haushaltsperre offensichtlich für kritikwürdig hält. Unter Bezug auf die PNN-Berichte über die Kritik an der Etatsperre schrieb Fahlbusch, dessen Kritik an der Sperre intern bekannt ist, vielsagend: „Zur Frage, ob die Kritik berechtigt ist oder nicht, will ich mich nicht äußern. Hierzu kennen Sie meine Meinung.“
Ansonsten bat Fahlbusch seinen Kollegen Höhn, der einen nicht näher benannten Beamten im Verdacht hat, einer der in den PNN zitierten Markov-Kritiker zu sein, solche E-Mails zu unterlassen. Fahlbusch, der nach Aussage anderer Landesbeamter über Jahre gut mit Höhn zusammengearbeitet hat, warf seinem Kollegen nun eine „Form des versteckten Denunziantentums“ vor.
Die Stimmungslage in den Häusern kommentierte ein leitender Angestellter der Regierung: „So weit sind wir jetzt – jahrelang haben die einzelnenen Ministerien zusammen den Haushalt saniert. Da herrschte Vertrauen – auch in den Finanzminister. Das ist jetzt weg – und wir zerlegen uns.“ Unter dem früheren Finanzminister Rainer Speer (SPD), der nun das Innenressort leitet, sei man haushaltstechnisch „immer auf Sicht geflogen“ – und damit sehr weit gekommen. Unter Markov, so ein anderer Ministerialer, sei man „im Blindflug“ unterwegs.
Markov gerät auch außerhalb der Regierungsbürokratie immer mehr in Erklärungsnot. Auf einer für Mitte August von der CDU-Landtagsfraktion beantragten Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses wird sich Markov auch gegenüber den Grünen erklären müssen. Der Grund: Markov hat nach Aussage von Teilnehmern eine von Grünen-Fraktionschef Axel Vogel unmittelbar nach Verhängung der Sperre aufgezeigte Möglichkeit zur Aktivierung von Haushaltsreserven nicht genutzt. Darauf weisen leitende Regierungsbeamte intern hin.
Vogel hatte auf der nach Sperre-Verhängung einberufenen Sondersitzung des Ausschusses am 3. Juni den Minister gefragt, warum er nicht die im Haushalt eingeplante aber nach Lage der Dinge nicht benötigte so genannte Personalkostenreserve nutzt. Schließlich seien keine nennenswerten Zusatzkosten mehr zu erwarten – da der Jahresetat erst im Mai aufgestellt wurde und keine Tarifverhandlungen anstünden. Vogel fragte daher den Minister, warum er nicht einfach Mittel aus dem Einzelplan (EP) 20, Kapitel 46120 aktiviere und statt dessen eine Sperre verhänge. Antwort des Ministers: „Ich habe das so entschieden.“ Überhaupt hatte Markov die Abgeordneten, die seine Rechnungen erläutert haben wollten, mit Sätzen wie „Eine Prognose ist eine Prognose.“ und „Haushaltstechnisch ist eine Mindereinnahme eine Mindereinnahme.“ abgespeist.
Nun verweisen andere Ministerien intern darauf, dass eben jene in EP 20/46120 geparkten Gelder komplett ausgereicht hätten, um die wegen des von Markov befürchteten Etatlochs in Höhe von 460 Millionen Euro verhängte Sperre für Investitionsmittel zu vermeiden. Denn nach der letzten Auskunft des Ministers soll es sich bei den gesperrten Investitionsmitteln des Landes wie berichtet nur um ganze 20 Millionen Euro handeln – in der Personalkosten-Reserve lagern genau 47,7457 Millionen Euro.
Ein hoher Landesbeamter kommentierte dies gegenüber den PNN so: „Hätte der Minister damals auch nur einen Moment Fachleuten oder aber eben Abgeordneten zugehört und mal einen Rat angenommen – wir hätten uns den ganzen Quatsch bei den Investitionsmitteln sparen können.“ (mit axf)
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