Brandenburg: Signal auf Freispruch
Schlussphase im zweiten Landowsky-Prozess: Sieht das Gericht keine Straftat – und keinen Schaden?
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Berlin - Wenn die Ankläger am 65. Prozesstag zu ihrem Plädoyer antreten, müssen sie vermutlich triumphierende Blicke einstecken. 18 Monate lang haben sie versucht, Klaus Landowsky und elf weiteren früheren Topmanagern der Berliner Bankgesellschaft besonders schwere Untreue im Zusammenhang mit riskanten Fondsgeschäften nachzuweisen. Die Signale des Gerichts aber lassen kaum Zweifel: Im letzten großen Verfahren um den Berliner Bankenskandal ist zumindest in der ersten Runde Freispruch zu erwarten.
Wie werden die beiden Staatsanwälte am heutigen Montag ab 10 Uhr im Saal 700 des Kriminalgerichts Berlin reagieren? Sie hatten zuletzt auf ein Gutachten gesetzt. Die Würfel aber fielen vor einer Woche. Da hatten es die Richter abgelehnt, erneut einen Experten im Streit um den angeblichen Millionenschaden einzuschalten. Das sei aus „tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung“, hieß es. Nach bisheriger Beweisaufnahme seien die umstrittenen Immobilienfonds vom gesamten Konzern mitgetragen und gewollt worden. Wird keine Straftat gesehen, erübrigt sich die Frage nach einem konkreten Schaden, ohne den ein Schuldspruch wegen Untreue nicht möglich wäre.
Fast zehn Jahre ist es her, dass der Skandal um die damals landeseigene Berliner Bankgesellschaft aufgedeckt wurde. Risiken aus Fondsgeschäften und riskante Kredite hatten sie an den Rand des Ruins gebracht. Das Land Berlin übernahm eine Bürgschaft in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro. Auch politisch wurde es turbulent: Im Sommer 2001 zerbrach die CDU/SPD-Koalition an der Affäre. Klaus Landowsky, damals Fraktionschef der Berliner CDU und Vorstandschef der zur Bankgesellschaft gehörenden Berlin Hyp, legte seine Ämter nieder. Zeitgleich wurden die Ermittler tätig. Sie leiteten 148 Verfahren ein. Zu Verurteilungen kam es jedoch nur in einigen Fällen.
Nun geht es um eine tragende Säule im Berliner Bankgeschäft der 1990er Jahre: Um die Fonds, die von der Immobilien- und Baumanagementgesellschaft IBG, einer Tochter der Bankgesellschaft, aufgelegt wurden. Auf zwei sogenannte Rundum-sorglos-Fonds konzentriert sich die Anklage. Die Immobilienfonds LBB 12 und IBV Deutschland 1 – beide mit erheblichen Mietausfällen in den folgenden Jahren – boten den Anlegern erstaunliche Zusicherungen für 25 Jahre und erhebliche Steuervorteile. Die Erträge waren durch Mietgarantien gesichert, die Anleger somit von eventuellen Leerstandsrisiken befreit. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten bei der Auflage der beiden Fonds in den Jahren 1998 und 1999 bekannte Risiken pflichtwidrig nicht einkalkuliert, kaufmännische Grundsätze verletzt und Schäden von 58 Millionen Euro für die Bankgesellschaft verursacht haben.
Die Anklagebank ist prominent besetzt. Neben der einstigen Berliner CDU-Größe Landowsky müssen sich frühere Topmanager wie der Ex-Bankgesellschaftschef Wolfgang Rupf, der frühere Chef der Landesbank Berlin, Ulf Decken, zwei Ex-Vorstände der Berliner Bank sowie der Ex-Geschäftsführer der IBG, Manfred Schoeps, verantworten. Sie alle haben die Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Die Fonds hätten weder zur Schieflage der Bank noch zu Schäden geführt.
Klaus Landowsky, der einst als „Strippenzieher“ galt, kam strafrechtlich belastet in den Prozess. Ihm drohte bei einem Schuldspruch sogar Gefängnis, weil er bereits wegen Untreue im Zusammenhang mit millionenschweren Krediten an die Aubis-Immobiliengruppe im März 2007 zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Das Bundesverfassungsgericht aber hob die Entscheidung auf und ordnete eine neue Verhandlung an. Der mutmaßliche Schaden sei nicht ausreichend festgestellt worden. Wann es im jetzigen Prozess zum Urteil kommt, ist offen. Kerstin Gehrke
Kerstin Gehrke
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