Brandenburg: Skurriles Durcheinander um den Rechnungshof
Zwei neue Gutachter sollen klären, ob der Rechnungshof-Präsident Volljurist sein muss – dabei existiert bereits ein Gutachten
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Potsdam – Das Durcheinander um die Neubesetzung der Präsidenten-Stelle am kopflosen Rechnungshof dauert an und wird zunehmend skurriler. Gestern beschloss das Landtags-Präsidium, ein Gutachten zu der Frage in Auftrag zu geben, ob an der Spitze des Rechnungshofes ein Volljurist stehen muss oder nicht. Dabei hat der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Ernst Benda, der von der - freilich gar nicht zuständigen - Staatskanzlei bereits Ende letzten Jahres um eine Stellungnahme gebeten worden war, diese Frage unter Hinweis auf das Landesrechnungshofgesetz und die sehr schwierige aktuelle Lage in der Behörde sowohl intern wie auch öffentlich bejaht.
Außerdem liegt seit gestern ein Gutachten des Potsdamer Staatsrechtlers Dieter Umbach mit dem gleichen Tenor vor. Umbach, der von Benda als Gutachter empfohlen worden war, hat sein Gutachten dem Landtag dem Vernehmen nach kostenlos angeboten. Dieser will es sich auch zusenden lassen, wie Präsident Gunter Fritsch (SPD) gestern den PNN bestätigte, jedoch trotzdem nicht auf ein weiteres „offizielles“ Gutachten verzichten, obwohl es Geld kosten wird.
Die Begründung: Mit Umbach sei kein Vertrag abgeschlossen worden. Dass es dazu nicht kam, liegt offenbar daran, dass der Landtag Benda unbedingt als Gutachter mit im Boot haben wollte. Umbach hat den Vertragsentwurf dem Vernehmen nach zwar unterschrieben an den Landtag zurückgeschickt, aber der Name Benda soll durchgestrichen gewesen sein. Der Landtagspräsident hat den Vertrag deshalb auch nicht gegengezeichnet. Benda selbst sagt dazu, dass im „Einvernehmen mit der Staatskanzlei“ Umbach den Entwurf des Gutachtens anfertigen und er nach kritischer Prüfung sein Einverständnis erklären oder etwa abweichende Meinungen zu Einzelfragen zum Ausdruck bringen wollte.
Fritsch wollte gestern zunächst bei den früheren Bundesverfassungsgerichts-Präsidenten Roman Herzog und Jutta Limbach anfragen, ob sie als neue Gutachter zur Verfügung stehen. Falls nicht, soll auf zwei weniger prominente Verfassungsrechtler zurückgegriffen werden. In jedem Fall wird sich die Wahl des Rechnungshof-Präsidenten weiter verzögern. Zwar hatten Ministerpräsident Matthias Platzeck und sein SPD-Fraktionschef Günter Baaske nach dem überraschenden Wechsel Gisela von der Aues als Justizsenatorin nach Berlin im November unter Hinweis auf das Vorschlagsrecht der SPD die Abgeordnete Britta Stark zur Wunsch-Nachfolgerin gekürt. Die Absicht stieß jedoch auf Widerspruch, da Stark keine Juristin ist und es auch sonst Zweifel an ihrer Kompetenz gibt: Die Abgeordnete hat nur geringe Verwaltungserfahrung und ist keine Finanzexpertin.
Laut Rechnungshofgesetz sollen der Präsident oder Vizepräsident des obersten Kontrollorgans des Landes jedoch die Befähigung zum Richteramt haben, also Volljuristen sein. Da Vizepräsident Arnulf Hülsmann wegen eines Betrugsverfahrens schon vor Jahren vom Dienst suspendiert wurde und seine Rückkehr nach Lage der Dinge als unwahrscheinlich gilt, warnen Juristen vor einer Wahl Starks zur Präsidentin, weil sie anfechtbar wäre. Andererseits kann die Stelle des lediglich suspendierten Vizepräsidenten auch nicht mit einem Volljuristen neu besetzt werden.
Was das Ganze noch problematischer macht: Auch unter den derzeit drei Direktoren ist kein Volljurist, obwohl laut Gesetz ein Drittel der Mitglieder der Führungsspitze die Befähigung zum Richteramt haben sollen. Über das Gesetz, so Benda, könne man sich aber nicht nach Belieben hinwegsetzen.
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