zum Hauptinhalt
Bitte Lächeln. Gut sichtbar hängen die Ergebnisse der Kontrollen in Dänemark aus. Ein lachender Smiley zeigt dem Gast an, dass es sich um ein sauberes Lokal handelt. Ein Smiley mit nach unten hängenden Mundwinkeln zeigt schlechte Kontrollerergebnisse an.

© dpa

Von Matthias Matern: Smiley oder nicht?

Derzeit arbeiten die Bundesländer an einem einheitlichen Bewertungssystem für Hygienestandards in Restaurants nach dänischem Vorbild. Kritik kommt vom brandenburgischen Gaststättenverband

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam - Aus Sicht des brandenburgischen Verbraucherschutzministeriums sind die Bedenken des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Brandenburg gegen ein bundesweit einheitliches Bewertungssystem für Gaststätten ausgeräumt. Derzeit arbeitet eine Projektgruppe der Länder unter der Federführung Brandenburgs, das gerade den Vorsitz in der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) hat, an einer eigenen Version des sogenannten Smiley-Systems aus Dänemark. Dort müssen seit 2001 alle Lebensmittelbetriebe die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen für den Verbraucher sichtbar aushängen. Je nach Grad der Beanstandung erhalten sie zudem einen grinsenden bis beleidigt die Mundwinkel verziehenden Smiley. Als erstes deutsches Bundesland wird Berlin das System mit Beginn 2011 einführen. Der Dehoga Brandenburg allerdings lehnt ein solches System ab. Da es nicht genügend Kontrolleure im Land gebe, könnten die Betriebe nicht gleichzeitig geprüft werden. Dadurch drohe eine Wettbewerbsverzerrung.

Bernhard Remde, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz im Ministerium, hält solche Bedenken für überholt. Da nicht nur die aktuellen Ergebnisse veröffentlicht werden sollen, sondern auch die der vergangenen zwei Jahre, sei die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung vom Tisch. „Bei besonders groben Verstößen kommt es außerdem sowieso zu einer Nachkontrolle“, ergänzt Remde.

Auf der jüngsten Verbraucherschutzministerkonferenz Mitte September verständigten sich die Länder darauf, ein für den Verbraucher transparentes, bundesweit einheitliches System einführen zu wollen. „Ob Smiley oder nicht – wichtig ist, dass die Verbraucher auf einen Blick erkennen können, wo alles in Ordnung ist“, sagte Brandenburgs Verbraucherschutzministerin Anita Tack (Linke) im Vorfeld der Konferenz. Mit ersten Ergebnissen der Projektgruppe rechnet Remde noch bis Ende des Jahres. Eine Einführung eines solchen Systems zum Jahresanfang 2011 sei aber eher unwahrscheinlich.

Entgegen Remdes Meinung jedoch sind die Bedenken beim brandenburgischen Gaststättenverband offenbar nicht ausgeräumt. Die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung hält Verbandsgeschäftsführer Olaf Lücke nach wie vor für nicht gebannt. „Im Land Brandenburg kommen auf rund 37 000 zu kontrollierende Betriebe gerade einmal etwas mehr als 100 Prüfer“, meint Lücke. Den Verbraucher interessiere doch nicht, ob ein Betrieb in der Vergangenheit positiv bewertet wurde. „Bekommt der Gastronom wegen eines Ausrutschers eine schlechte Bewertung, hängt sie ihm nach, selbst wenn längst alle Mängel wieder behoben sind.“

Doch Lücke hat auch ein grundsätzliches Problem mit der Einführung der Smileys. „Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagt Lücke. Ein solches System sei überflüssig, da die Unternehmen bereits gesetzlich verpflichtet seien, bestimmte hygienische Standards einzuhalten. „Die deutschen Vorgaben gehören zu den strengsten in ganz Europa.“ Für ein Bewertungssystem wie den Smiley gebe es viel zu wenige Lebensmittelkontrolleure in Brandenburg. Zudem habe er bislang kein vernünftiges Argument für die Einführung gehört, außer Verbraucher besser informieren zu wollen. „Ich kenne keinen Lebensmittelbetrieb oder Gastronomen im Land, der dafür wäre“, ist sich der Dehoga-Geschäftsführer sicher.

Bundesweit wären von den Kontrollen rund 1,2 Millionen Betriebe betroffen – vom Kiosk bis zum Schlachthof. In Brandenburg sind es Angaben des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz zufolge 37 000. Insgesamt gebe 130 Lebensmittelüberwacher. Laut Bericht des Landesamtes wurden im vergangenen Jahr 23 000 Betriebe kontrolliert. Insgesamt wurden aber 48 000 Kontrollen durchgeführt. Die Frequenz richte sich nach der sogenannten Risikokategorie, der die Betriebe je nach Art ihrer Ausrichtung zugeordnet sind, erläutert Remde. Immerhin 13 000 der kontrollierten Betriebe wurden 2009 beanstandet, 25 Strafverfahren eingeleitet und 191 Bußgelder verhängt.

In der Landeshauptstadt Potsdam sind vier Kontrolleure für rund 2900 Betriebe zuständig, davon 900 Restaurants und Imbissstuben. Der Stadt zufolge würden 60 Prozent der Unternehmen halbjährlich und 15 Prozent vierteljährlich kontrolliert. Es gebe selbstverständlich ein „nachvollziehbares Verbraucherinteresse“, findet Elona Müller, Beigeordnete für Soziales, Jugend, Gesundheit, Ordnung und Umweltschutz der Stadt. Allerdings müssten auch die Belange der Betriebe berücksichtigt werden. Auch Müller teile die Befürchtung des Gaststättenverbandes, ein Smiley-System könnte zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

Potsdams Gastronome jedoch halten die Einführung eines verbraucherfreundlichen Bewertungssystems für durchaus sinnvoll, haben aber auch Bedenken. Clemens Lamprecht, Inhaber des Schiffsrestaurants „John Barnett“, etwa meint: „Das ist prinzipiell o.k., doch es wird in der Praxis an den zu geringen Kontrollen scheitern.“ Der Chef des Restaurants „Waage“ am Neuen Markt, Houssam Kahil, denkt an die Verbraucher. „Man will ja nicht irgendwo essen, wo es nicht sauber ist.“ Auch Thomas Teutscher, Betreiber des Gartenlokals „Onkel Oskar“ in Potsdam-West findet die Smiley-Idee gut. „Die Verbraucher haben ein Anrecht auf Information. Schließlich gibt es genügend schwarze Schafe.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })