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Wachstum in der Lausitz. 370 Millionen Euro hat das Unternehmen Hamburger Rieger aus Spremberg 2018 in eine zweite Papiermaschine investiert. 

© picture alliance / dpa

Brandenburger Wirtschaft: So viele neue Jobs wie nie

Brandenburgs Wirtschaftsförderer legen Spitzenergebnis vor. Industrie ist Motor der Entwicklung. Investitionsvolumen auf Rekordniveau.

Von Matthias Matern

Potsdam - Im vergangenen Jahr sind durch die Arbeit der brandenburgischen Wirtschaftsförderung WFBB so viele neue Arbeitsplätze im Land entstanden wie nie seit der Gründung der Agentur vor 18 Jahren. Demnach sind durch die insgesamt 466 geförderten Projekte nach Angaben der WFBB 4208 neue Jobs geschaffen und von Insolvenz bedrohte Stellen gesichert worden. Dies sei das beste Ergebnis seit der Gründung der landeseigenen Wirtschaftsförderung im Jahr 2001 und „eine sensationelle Botschaft“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Donnerstag auf der Pressekonferenz der WFBB zur Jahresbilanz 2018 in Potsdam.

Schon 2017 war Rekordjahr

Gegenüber dem Vorjahr, das mit 3826 neuen und geretteten Jobs ebenfalls bereits als Rekordjahr gefeiert worden war, konnten die Wirtschaftsförderer sich also nochmals steigern. Grundsätzlich spiele dabei die Zahl der sogenannten stabilisierten Jobs nur eine untergeordnete Rolle, die sich maximal im Bereich einiger hundert Jobs bewege, so der Minister. Meist handelt es sich um höchstens „vier bis fünf Fälle“ jährlich, in denen von Insolvenz bedrohten Firmen geholfen werde, um die Stellen dort zu sichern. Die Zahnradwerk Pritzwalk GmbH mit rund 200 Mitarbeitern sei etwa 2017 ein solches Beispiel gewesen, sagte Steinbach.

Auch beim Investitionsvolumen, der Summe also, die Firmen mit Unterstützung der WFBB 2018 in Brandenburg investiert haben, verbuchten die Wirtschaftsförderer ein Rekordergebnis – den höchsten Betrag seit zehn Jahren. Zu verdanken ist die gute Bilanz laut WFBB-Chef Steffen Kammradt vor allem der Industrie. Drei Viertel des Investitionsvolumens gehe auf deren Konto. Dies sei allerdings keine neue Entwicklung, so Kammradt. Schon seit Jahren erlebe Brandenburg so etwas wie eine „Renaissance der Industrie“.

"Tolles Signal" in die Lausitz

Wie groß der Anteil der Industrie an der erfolgreichen Entwicklung ist, lässt sich auch an der Zahl der neuen Arbeitsplätze ablesen – immerhin 40 Prozent. Auch zwei der aus WFBB-Sicht wichtigsten Förderprojekte des vergangenen Jahres sind Vorhaben der Industrie: der Fabrik-Neubau des japanischen Elektronikunternehmens Yamaichi in Frankfurt (Oder) und die Investition in eine zweite Papiermaschine des österreichischen Unternehmens Hamburger Rieger in Spremberg (Spree-Neiße). Letzteres Projekt sei wie die Erweiterungspläne des Chemiekonzerns BASF auch ein „tolles Signal Richtung Süden“ in eine Region, die nach Perspektiven für die Zeit nach der Braunkohle suche, sagte Wirtschaftsminister Steinbach.

Potsdam ist Spitzenreiter

Als ein wichtiges Beispiel für eine komplette Neuansiedlung nannte WFBB-Chef Kammradt die Niederlassung des britischen Unternehmens Isansys in Potsdam. Das auf digitale Gesundheitslösungen spezialisierte Unternehmen plant bis 2020 den Aufbau von 20 Arbeitsplätzen. Die Firma hat sich auf dem Gelände des „Ernst von Bergmann“-Klinikums angesiedelt. „Wir haben uns nach der Brexit-Entscheidung in Deutschland umgeschaut. Das Brandenburger Gesamtpaket hat uns überzeugt. Wir sehen gute Chancen, von hier aus wirtschaftlich erfolgreich agieren zu können“, hatte Isansys-Chef Michael Heinlein seine Standortwahl begründet.

Isansys ist für Kammradt ein typisches Beispiel für den innovationsbezogenen Branchenmix der Potsdamer Wirtschaft. Die Stadt zählt zweifellos in Brandenburg zu den wichtigsten Standorten der Gesundheits- und der IT-Wirtschaft. Beide Branchen zeichnen sich aber durch eine überwiegend kleinteilige Firmenlandschaft mit im Vergleich zur Industrie wenigen, aber oft hochqualifizierten Mitarbeitern aus. Wie groß dabei allerdings die Dynamik ist, lässt sich auch an der Zahl der betreuten WFBB-Projekte ablesen. Mit 112 Fällen liegt Potsdam weit vor dem Zweitplatzierten Teltow-Fläming (42) und Potsdam-Mittelmark (38) auf Rang drei. Schlusslicht ist die Uckermark mit gerade einmal fünf Projekten, die durch die WFBB betreut wurden.

Digitalisierung als Chance

341 der insgesamt knapp 470 betreuten Vorhaben waren 2018 sogenannte Innovationsprojekte. Bei einem Viertel davon sei der 2017 eingeführte Innovationsgutschein „Digital“ zum Einsatz gekommen, berichtete Sebastian Saule, ebenfalls Geschäftsführer beim WFBB. Das zeige, dass viele Unternehmen das Thema Digitalisierung als Chance sehen würden.

In diesem Zusammenhang nahm Minister Steinbach auch Stellung zu der jüngsten Kritik der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Diese hatten kürzlich wie berichtet ihren Forderungskatalog für die Zeit nach der Landtagswahl im September vorgelegt. Dabei hatte der UVB das Tempo beim Ausbau des schnellen Internets als zu langsam kritisiert und für Brandenburg einen Digitalminister verlangt. „Ja, es geht zu langsam. Da gibt es nichts zu beschönigen“, räumte Steinbach ein. Ob es dafür aber einen zentralen Verantwortlichen auf Ministerebene benötige, wolle er mal dahingestellt lassen. Denn mittlerweile spiele beim weiteren Netzausbau nicht mehr nur das Geld eine Rolle, sondern vielmehr die Kapazitäten der Firmen, die den Ausbau bewältigen müssen. Vielfach lägen die Förderbescheide vor, doch mitunter würden als Realisierungszeitraum inzwischen 48 bis 52 Monate angegeben. „Das sorgt auch für viel Frust“, so Steinbach.

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