Brandenburg: Sorgen und Nöte vom Brauhausberg
Forscher der Universität Jena haben Landtagsabgeordnete zu Problemen und ihrer Arbeit befragt
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Forscher der Universität Jena haben Landtagsabgeordnete zu Problemen und ihrer Arbeit befragt Potsdam/Jena - Wenn das nichts ist: Die Brandenburger Landtagsabgeordneten sind grundsätzlich zufrieden mit ihrer parlamentarischen Arbeit - haben jedoch zu wenig Zeit für ihr Privatleben und sind frustriert, weil politische Probleme nur unzureichend gelöst werden können. Und, wenn es um Zuwanderung und Religionsunterricht geht, liegen Welten zwischen den Koalitionsparteien SPD und CDU. Das ergab eine Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, deren Ergebnisse den PNN vorliegen. Die Forscher hatten zwischen 1999 und 2004 Parlamentarier aller Landesparlamente Deutschlands zu ihrer Arbeit und politischen Fragen befragt. In Brandenburg betrifft die Befragung zwar die Abgeordneten des „alten“ Landtages und nicht die des im September neu gewählten. Doch da die meisten neuen Parlamentarier auch „alte“ sind, bleibt die Umfrage auch heute repräsentativ. Zwei Drittel der Abgeordneten in Brandenburg empfinden demnach ihre parlamentarische Tätigkeit als „weitgehend oder sogar sehr befriedigend“, heißt es in der Studie. Nur vier der 71 Abgeordneten, die sich an der Studie beteiligten´, waren „unzufrieden“. „Damit liegt Brandenburg ungefähr im ostdeutschen Durchschnitt, allerdings auch erkennbar unter den Werten in den westdeutschen Landtagen“, so die Forscher aus Jena. Insgesamt waren die Ost-Abgeordneten unzufriedener als ihre West-Kollegen. Trotz der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit, plagen die brandenburgischen Abgeordneten auch Probleme: 70 Prozent von ihnen finden, dass sie „zu wenig Zeit für das Privatleben“ haben (Ost-Durchschnitt: 62 Prozent, West: 67 Prozent). Aber auch politische Grundsatzprobleme plagen sie: 66 Prozent finden, dass zu wenig Zeit bleibe, um über Probleme vertiefend nachzudenken (Ost und West: je 61). Mehr als die Hälfte verspürt gar „Frustration, da Probleme nur unzureichend gelöst werden können“ (Brandenburg: 54 Prozent, Ost: 51, West: 36). Gleich auf mit den West-Kollegen sind die Märker, wenn es um die „unzureichende Akzeptanz in der Öffentlichkeit geht: 42 Prozent sind jeweils darüber betrübt - im gesamten Osten sind es im Durchschnitt 51 Prozent. Immerhin mehr als ein Drittel – 37 Prozent – hat gar eine „Kluft zwischen eigenen politischen Vorstellungen und dem, was man als Abgeordneter im politischen Alltag vertreten muss“ ausgemacht. Damit liegen die Brandenburger weit vor den West-Kollegen (25 Prozent) und auch noch vor den anderen Ost-Landtagsmitglieder (33 Prozent). Allgemein stellten die Forscher fest, dass die Frauen im Brandenburger Landtag „eine stärkere Problemwahrnehmung als ihre männlichen Kollegen“ zeigten. Die Frauen sehen die Kommunikationsprobleme nicht so dramatisch, dafür aber die mangelnde Zeit zur Problemlösung. Neben den alltäglichen Mandatsträger-Problemen hatten die Forscher auch nach einigen Aspekten einer Parlamentsreform gefragt – und waren dabei in Brandenburg auf Überraschendes gestoßen: Die meisten Abgeordneten sprachen sich für „erweiterte Informationspflichten der Regierung gegenüber dem Parlament“ aus. Sprich: Die Regierung soll den Abgeordneten mehr Informationen über ihr Tun geben müssen. (Brandenburg: 55 Prozent, West: 34, Ost: 34). Selbst die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU fordern die 40 Prozent der in Brandenburg befragten. Und auch zu Koalitionspartnern wurden die Abgeordneten befragt: Und siehe da – Wunschpartner schaffen es seit Jahren nicht in den Landtag auf dem Potsdamer Brauhausberg. Von den CDU-Abgeordneten wird die FDP favorisiert, die ebenso wie die Grünen – Liebling der SPD-Genossen – seit Jahren an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Die Forscher aus Jena haben auch frohe Botschaft für die Bürger, die Politikern keine Selbstkritik zu trauen: Mehr als zwei Drittel der Brandenburger Abgeordneten meinen laut Studie, dass „die Parteien politische Konflikte unnütz verschärfen“. Die Forscher von der Schiller-Universität stellen dazu in ihrem Bericht fest: „Diese versteckte Distanzierung von der parteienstaatlichen Demokratie überrascht ein wenig angesichts der Tatsache, dass es sich beinahe ausnahmslos um Politiker handelt, die ihr Mandat neben dem Wählervotum vor allem der eigenen Partei verdanken.“ Besonders kritisch zum Verhalten der Parteien äußerten sich die Politiker der PDS-Landtagsfraktion. Ungewöhnlich einig sind sich die Brandenburger Abgeordneten, wenn es um Bildungsfragen geht: Obwohl Bildung Ländersache ist, wollen 90 Prozent von ihnen ein bundesweit einheitliches Zentralabitur (Ost: 72, West: 44).
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