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Von Christoph Spangenberg: Spaß an der Spree? Nur am Ufer

Baden sollte man in ihr, dafür brauchte man nur ein paar Auffangpontons. Die Inseln sollten am Berliner Osthafen entstehen – für zwei Millionen Euro. Seit 2004 wird geplant. Doch jetzt droht das Aus

Stand:

Berlin - Es ist das Vorzeigeprojekt des Berliner Senats im deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Schanghai. Doch nun droht die Umsetzung daheim in Berlin zu scheitern. Dabei ist das Projekt „Spree 2011“ ziemlich interessant: Eine sauberere Spree, in der man baden kann und in der künstliche Inseln schwimmen. Das wäre möglich durch Bau einiger Behälter im Wasser. Diese sollten dreckiges Wasser, das bei starkem Regen aus der Kanalisation überläuft, auffangen – und es wieder zurückleiten, wenn der Starkregen vorbei und somit genug Platz in der Kanalisation ist. Auf diese Inseln sollten Cafés und Grünanlagen kommen. Ist bis Ende dieses Monats allerdings keine Lösung da, werden bereits zugesagte Fördermittel vermutlich gestrichen.

Die Technik ist längst fertig, seit anderthalb Jahren wollen Erfinder Ralf Steeg und seine Firma Luri Watersystems eine Pilotanlage in den Osthafen bauen. In einer zweijährigen Probephase soll sie optimiert werden, um danach 13 weitere dieser Regenüberlaufbecken zwischen der Mühlendammschleuse neben der Jannowitzbrücke im Westen und Elsenbrücke im Osten ins Wasser zu setzen. So viele Rohre leiten Dreckwasser in die Spree, wenn die Kanalisation bei starkem Regen überlauft. Das ist laut Steeg 28-mal im Jahr der Fall. Mit den Anlagen hätte die Spree „Badewasserqualität“, sagt Steeg.

Bauen kann er jedoch nicht. Die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala) als Eigentümerin des Geländes in der Stralauer Allee 5, wo ein geeignetes Rohr in die Spree läuft und die Insel hin soll, verweigert ihre Zustimmung. Streitpunkte sind die Bebauung der Anlage sowie deren Rückbau nach der Testphase. Die Behala, die das seit Jahren brachliegende Grundstück verkaufen möchte, will den Bau nur erlauben, wenn das Becken nahezu unsichtbar unter der Wasseroberfläche dümpelt und nicht bebaut wird. „Für uns stellt das eine Wertminderung dar“, sagt Geschäftsführer Peter Stäblein. Erfinder Steeg aber plant ein Café und einen Solarbootverleih, um den Eigenanteil zu refinanzieren. Denn die Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung decke nur 646 000 Euro der Kosten für die Pilotanlage von 860 000 Euro. Das Geld fließt aber erst, wenn mit der Behala alles geklärt ist. Die restlichen Fördergelder in Höhe von einer Million Euro gingen bereits an die Technische Universität, die an der Forschung beteiligt ist. Addiert geht es also um ein Projekt von knapp zwei Millionen Euro.

Die Behala fordert außerdem einen Abbau der Anlage nach der Probezeit. Das kommt für Steeg nicht infrage. Abgesehen von den Kosten für den Rückbau von 150 000 Euro glaubt er, das Projekt dann nicht mehr verkaufen zu können. „Dann könnte man die Erfindung nicht exportieren. Das versteht ja keiner, dass eine funktionierende Anlage wieder abgebaut wird“, sagt Steeg. Mehrere deutsche Städte hätten bereits angefragt, wollten jedoch die Ergebnisse der ersten Anlage abwarten. Steeg hätte die Insel auch vor das momentan noch unbebaute Nachbargrundstück legen können, doch deren Eigentümer Hochtief verweigerte dies ebenso. Steeg sagt: „Das ist irrsinnig. Da werden wir bestraft, dass wir zwei Millionen nach Berlin holen und die Spree säubern wollen.“ Das Projekt „Spree 2011“ habe bisher 15 Arbeitsplätze geschaffen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft konnte sich zu dem Fall nicht äußern. Aus der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz heißt es, man beobachte das Projekt genau und stehe ihm „aufgeschlossen gegenüber“. Es sei aber nur eines von mehreren Elementen zur Verbesserung der Wasserqualität.

Einen Standortwechsel schließt Steeg aus. Alle bisherigen Planungen betreffen das Behala-Grundstück. Eine Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2004 sieht für die Pilotanlage ebenfalls keinen anderen Platz als den Osthafen. In der Studie heißt es, dass zwischen Mühlendammschleuse und der Oberschleuse am Landwehrkanal die Fahrrinne der Schiffe bis an die Ufer gehe. Deswegen sei für das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin (WSA) „die Genehmigung aus Platzgründen für die geplanten Speicheranlagen aufgrund der Beeinträchtigung der Schifffahrt gegenwärtig nicht genehmigungsfähig“. Für einen neuen Standort sind laut Steeg Forschungen von mehr als 100 000 Euro nötig. Zudem würde in diesem Fall das Bundesministerium für Bildung und Forschung die übrigen Fördergelder streichen. Das Ministerium selbst will vor Monatsende keine Aussagen zu dem Fall machen. Dann, am 25. Oktober, soll es ein Krisentreffen von Senat, Ministerium, Bezirk, Behala und Steeg geben. Sollte es dann keine Einigung geben, würden Steeg die Mittel gestrichen – ein Schreiben über eine entsprechende Frist liegt ihm bereits vor.

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