Von Peter Tiede: SPD-Abgeordneter schreibt Brandbrief an seine Fraktion Debatte um Nachtflugverbot am BBI: Schulze wirft Partei Parteilichkeit vor und stellt Grundsatzfragen
Potsdam - Der Streit über das Nachtflugverbot am neuen Großflughafen BBI in Schönefeld (Dahme-Spreewald) entzweit offensichtlich auch die SPD-Landtagsfraktion. Der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze warf seiner Fraktion am Wochenende in einem Brandbrief vor, ein Nachtflugverbot in einer Anhörung im Landtag nur unter wirtschaftlichen Aspekten betrachten zu wollen.
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Potsdam - Der Streit über das Nachtflugverbot am neuen Großflughafen BBI in Schönefeld (Dahme-Spreewald) entzweit offensichtlich auch die SPD-Landtagsfraktion. Der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze warf seiner Fraktion am Wochenende in einem Brandbrief vor, ein Nachtflugverbot in einer Anhörung im Landtag nur unter wirtschaftlichen Aspekten betrachten zu wollen. Die Liste der als Experten Geladenen gleiche einer Farce. Gegenüber den PNN sagte Schulze am Sonntag, im Landtag sollten bei der Anhörung am 7. April offensichtlich nur Experten gehört werden, „die uns sagen, dass der Flughafen aus wirtschaftlichen Gründen kein ausgedehntes Nachtflugverbot brauche“. Doch, so Schulze weiter, „hier geht es um Menschen, ein Nachtflugverbot dient dazu, deren Gesundheit und Schlaf zu schützen – nicht die wirtschaftlichen Interessen“.
In seinem Brief an SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher zu der Expertenauswahl für die geplante Anhörung im Landtag schreibt Schulze: „Damit wird die Veranstaltung und der Sinn und Zweck des Antrages missbraucht und arglistig verdreht und pervertiert.“
Die SPD-Fraktion wie auch die Fraktionen von CDU und FDP wollten für die Anhörung im Parlament ausschließlich Vertreter von Wirtschaftsinteressen einladen, die jegliche Form von Nachtflugverbot ablehnten, schreibt Schulze: „Ich bin überrascht und aufs Peinlichste berührt.“ Die Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“ sprach mit Blick auf die Anhörung von einer Farce, deren Ergebnis schon jetzt feststehe.
Schulze sagte den PNN, er gewinne immer mehr den Eindruck, in dem Verfahren und beim Flughafenausbau gehe es auch der eigenen Partei nicht mehr um die Menschen, die davon betroffen sind. Die Kritik, die jetzt laut werde und die Probleme etwa beim Nachtflugverbot und bei den Flugrouten seien genau die, vor denen schon Mitte der 1990er Jahre bei der Standortwahl gewarnt worden sei.
Schulze gehört dem Landtag seit 1990 an und vertritt im Wahlkreis 25 unter anderem die vom Flughafen besonders betroffenen Gemeinden Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf (Teltow-Fläming). Der 45-Jährige gilt seit Langem als ein entschiedener Gegner des Flughafenausbaus in Schönefeld. Von 2004 bis 2009 war der in Zossen wohnhafte, 45-jährige Arzt Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
In seinem Brandbrief an Holzschuher, der den PNN vorliegt, fragt Schulze: „Was ist aus der SPD als basisorientierter Bürgerrechtspartei geworden, was ist aus den Versprechungen von Matthias Platzeck und anderen Leuten aus der SPD geworden, sich nun mal ernsthaft um die Probleme der Betroffenen zu kümmern?“ Wenn die Oppositionsfraktionen mit rund 40 Prozent der Stimmen im Landtag für die Anhörung neun, die Regierungsfraktionen von SPD und Linker aber nur insgesamt drei Anzuhörende benannt hätten, sei das ein Skandal und Offenbarungseid.
Der Brief schließt mit dem Satz: „In Wirklichkeit interessiert Euch doch das Schicksal der vom Fluglärm betroffenen Bürger und das Schicksal der Kommunalpolitiker und der SPD-Mitglieder hier vor Ort überhaupt nicht.“ Schulz zufolge will die SPD-Fraktion zu der Anhörung im Infrastruktur-Ausschuss den Geschäftsführer der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH, Rainer Schwarz, und den Landrat des Kreises Dahme-Spreewald, Stephan Loge, einladen. Zu den Kandidaten von CDU und FDP gehörten der Chef von Air Berlin, Joachim Hunold, sowie Vertreter der Lufthansa, der Pilotenvereinigung Cockpit und von Unternehmerverbänden. Von Seiten der SPD-Fraktion war zunächst keine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu erhalten. Schulze hat nun seinerseits sechs Betroffene und Experten benannt, die die SPD-Fraktion laden sollte, darunter Schlafmediziner. Schulze listet zudem 21 Fragen und Komplexe auf, die aus seiner Sicht behandelt werden müssten.
Aus Sicht der Grünen-Fraktion sollten Nachtflüge von 22.00 bis 6.00 Uhr am Airport Berlin Brandenburg International (BBI) verboten sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat ein eingeschränktes Nachtflugverbot verfügt, das Flüge in den Randzeiten von 22 bis 24 und von 5 bis 6 Uhr zulässt. Die Wirtschaft ist gegen ein striktes Verbot, weil auch Nachtflüge gebraucht würden und der Flughafen aus ihrer Sicht sonst international nicht wettbewerbsfähig wäre. (mit dpa) BI HAVELSEEN]
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