Brandenburg: SPD bereitet sich auf die Zeit nach Rot-Rot vor
Parteienforscher Lösche: Berliner WASG könnte SPD/PDS-Koalition beenden Sozialdemokraten denken über neue Bündnisse nach – auch mit den Grünen
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Berlin - Gut 200 Tage vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin macht sich in den Regierungsparteien SPD und Linkspartei/PDS Sorge um die Zukunft breit – aus gutem Grund. Die am Wochenende getroffene Entscheidung der Berliner Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), im Herbst nicht mit, sondern gegen die PDS anzutreten, könnte „das Ende von Rot-Rot einläuten“, sagte der renommierte Parteienforscher Peter Lösche dieser Zeitung.
Die WASG hatte auf ihrem Landesparteitag den eigenständigen Wahlantritt beschlossen, kommende Woche soll eine Urabstimmung unter den rund 800 Mitgliedern folgen. Die meisten Beobachter erwarten, dass die Basis den Beschluss ihrer Parteitagsdelegierten unterstützen wird.
Die neue Konkurrenz von links „könnte dazu führen, dass SPD und Linkspartei/PDS nach der Wahl ihre Mehrheit verlieren“, sagt Politologe Lösche, der Professor an der Universität Göttingen ist, aber auch in Berlin lebt.
Aktuellen Umfragen zufolge würden derzeit vier Prozent der Berliner der WASG ihre Stimme bei der Landtagswahl geben. In der Partei selbst schätzt man das Wählerpotenzial auf sechs Prozent. „Sollte die WASG auf über fünf Prozent kommen und ins Abgeordnetenhaus einziehen, dürfte die rot-rote Mehrheit gebrochen sein“, erwartet Lösche. Bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2001 hatten SPD und PDS gemeinsam 52,3 Prozent der Stimmen erhalten. Derzeit erreichen sie in Umfragen knapp 50 Prozent. Die anderen Parlamentsparteien CDU, FDP und Grüne kommen auf um die 43 Prozent.
Allerdings müsste die WASG noch nicht einmal die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten, um Rot-Rot in Bedrängnis zu bringen. „Auch wenn die Partei nicht ins Abgeordnetenhaus kommt, zieht sie Stimmen von Linkspartei und SPD ab, die am Schluss für die Mehrheit fehlen könnten“, sagt Lösche.
Nach außen geben sich SPD und Linkspartei/PDS gelassen bis kämpferisch. SPD-Landesgeschäftsführer Rüdiger Scholz und der Landesvorsitzende der Linkspartei/PDS, Klaus Lederer, zeigen sich zuversichtlich, dass sich links eingestellte Wähler wieder von der Wahlalternative abwenden, da sie „keine neue soziale Idee“ biete, so Scholz, nur „altes Sektierertum“. Die aktuelle Aufmerksamkeit sei nur dem Streit mit der PDS geschuldet, sagt Lederer. Darüber hinaus biete die WASG lediglich „Polit-Abstinenz“.
Intern macht man sich in den Regierungsparteien dennoch über veränderte Konstellationen Gedanken. „Unsere Vorliebe gilt Rot-Rot, aber wenn es dafür nicht reicht, muss man auch über RotGrün nachdenken“, sagt SPD-Geschäftsführer Scholz mit Bezug auf Umfragen, in denen die Grünen mit der PDS gleichauf liegen – noch. Auch eine Dreierkonstellation aus SPD, PDS und Grünen sei denkbar. Für die PDS lautet das Ziel, so stark zu werden, „dass man nicht gegen uns regieren kann“, sagt Lederer.
Parteienforscher Lösche hält derzeit für die künftige Landesregierung drei Konstellationen für potenziell mehrheitsfähig: Rot-Rot-Grün, Rot-Grün oder RotGrün- Gelb, also eine Jamaika-Koalition.
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