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Brandenburg: SPD: Kita auch für Kinder Arbeitsloser

Baaske für Rücknahme von Koalitionsbeschlüssen / Gemeindebund kritisiert „aberwitzige Debatte“

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Potsdam - Der Chef der brandenburgischen SPD-Landtagsfraktion, Günter Baaske, hat sich überraschend für eine Ausweitung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für alle Kinder ausgesprochen. Vor Journalisten forderte Baaske damit gestern eine Korrektur der von der SPD/CDU-Regierung vor zwei Jahren beschlossenen Einschränkungen in der Kita-Betreuung für die Kleinkinder von Arbeitslosen, was damals landesweite Proteste hervorgerufen hatte.

Allerdings wandte sich Baaske mit Blick auf die angespannte Finanzlage von Land und Kommunen gegen ein beitragsfreies Vorschuljahr für alle Kinder, für das sich PDS, weite Teile der SPD und inzwischen sogar CDU-Generalsekretär Sven Petke stark machen. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek reagierte zurückhaltend auf den Baaske-Vorstoß für eine neue Kita-Novelle. Man müsse sehen, ob das möglich ist, so Lunacek. Scharf widersprach Lunacek der Aussage des SPD-Fraktionschefs, dass die damaligen Einschnitte bei den Kitas auf die Union zurückgingen: „Das ist eine Lüge.“ Im SPD-Entwurf des Koalitionsvertrages von 1999 sei die Einschränkung des Rechtsanspruches bereits enthalten gewesen.

Die PDS-Politikerin Gerrit Große nannte eine Rücknahme der Belastung arbeitsloser Familien „höchste Eisenbahn“. Sie sei erstaunt, dass mittlerweile SPD und CDU mit früheren PDS-Vorschlägen wetteifern, die die Koalition immer als „unfinanzierbar“ abgekanzelt habe. Große: „Willkommen im Klub. Man muss es jetzt nur tun.“

Als „aberwitzig“ und „abenteuerlich“ bezeichnete der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Karl Ludwig Böttcher die Debatte um eine Ausweitung der Kita-Betreuung im Land. „Es gibt gar keinen Bedarf“, so Böttcher. Es gebe für fast alle Kinder im Land Kita-Plätze – womit Brandenburg zu den Spitzenreitern in Deutschland gehöre.

Tatsächlich besuchen 93 Prozent der Kinder eines Vorschuljahrgangs die Kitas. Warum jetzt Beitragsfreiheit ins Spiel gebracht werde, sei ihm schleierhaft, so Böttcher. Die Menschen würden verunsichert und unerfüllbare Erwartungen geweckt. „Jeder treibt eine neue Sau durchs Dorf. Und niemand sagt, wie es finanziert werden kann“, so Böttcher. „Mit glaubwürdiger Politik hat das nichts zu tun.“

Für die Kita-Betreuung zahlen die Kommunen jährlich 190 Millionen Euro, das Land 120 Millionen Euro und die Eltern über Beiträge rund 80 Millionen Euro. Für eine Ausweitung sieht Böttcher bei den Kommunen keinerlei finanzielle Spielräume. Er verwies auf das jüngste Gutachten im Auftrag des Finanzministeriums, nach dem die Kommunen mit einer Entschädigung in Millionenhöhe rechnen können, weil das Land 2003/2004 die Zuweisungen zu stark zurückgefahren hatte. Das Defizit der 14 Landkreise sei von 158 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 270 Millionen Euro im Jahr 2005 gestiegen. Insofern sei die Verfassungsbeschwerde des Kreises Uckermark nur zu unterstützen, über die das Verfassungsgericht nach eigenen Angaben wahrscheinlich noch 2006 entscheiden wird.

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