Von Johann Legner, Hagen Ludwig und Matthias Matern: SPD-Politiker fordern radikale Gebietsreform
Brandenburg/Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus sollen Status als kreisfreie Städte verlieren und mit Kreisen fusionieren
- Matthias Matern
- Johann Legner
- Hagen Ludwig
Stand:
Potsdam - Noch ist es nur ein Vorschlag mehrerer SPD-Kommunalpolitiker: Doch was der Landesverband der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) Mitte Januar diskutieren will, zielt auf eine weit radikalere Reform der brandenburgischen Kommunalstruktur ab, als bislang im Gespräch war. Während Rot-Rot bisher lediglich auf einen freiwilligen Zusammenschluss von Kommunen setzt, verlangt die SGK „langfristig tragfähige Lösungen“ angesichts des weiteren Einwohnerschwunds und der „bedrohten kommunalen Handlungsfähigkeit“ aufgrund zu tragender „finanzieller Lasten“. Teil einer „entschlossenen Reform“, heißt es in einem SGK-Papier, müsse die Fusion der drei kreisfreien Städte Brandenburg/Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus mit umliegenden Kreisen sein.
Bei den Kommunen jedoch stößt der Vorschlag auf Ablehnung. Eine Fusion mit dem Spree-Neiße Kreis sei vorerst kein Thema, sagte Lothar Nicht, Beigeordneter für Ordnung, Sicherheit, Umwelt und Bürgerservice der Stadt Cottbus, am Dienstag den PNN. Zuerst müsse zwischen Land und Kommunen generell geklärt werden, wer für was künftig zuständig sein solle, so Nicht. „Wir brauchen eine grundsätzliche Funktionalitätsreform.“ Im Anschluss sei die Frage zu klären, wie die entsprechenden Aufgaben ausfinanziert werden könnten. Die Zusammenarbeit mit Spree-Neiße sei zudem bereits gut, solle sogar noch intensiviert werden, sagte Nicht weiter.
Auch Potsdam-Mittelmark-Landrat Wolfgang Blasig (SPD) reagierte verhalten. „Das ist lediglich der Vorschlag einer Arbeitsgemeinschaft – der Landesvorstand der SPD hat sich dazu noch nicht positioniert“, sagte Blasig gestern. Die Änderung der Kreisgrenzen sei nicht das Gebot der Stunde. „Fusionen müssen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit basieren“, so Blasig. Tatsache sei, dass sich die kreisfreie Stadt Brandenburg in einer schwierigen finanziellen Situation befinde. Deshalb biete ihr der Landkreis als ersten Schritt eine engere Kooperation an. „Dann müssen wir sehen, wohin die Reise geht“, so Blasig. Die mittelmärkischen Christdemokraten zeigen sich indes aufgeschlossen: „Wir haben schon lange gesagt, dass wir eine Kreisgebietsreform brauchen“, sagte CDU-Kreistagsfraktionschef Rudolf Werner gestern den PNN. Wenn Brandenburg/Havel eine Fusion wünsche, dränge sich der Zusammenschluss mit Potsdam-Mittelmark auf.
Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) jedoch ist alles andere als begeistert: „Ich dachte, wir Bürgermeister der kreisfreien Städte hätten kürzlich deutlich gemacht, dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben, sondern für die uns übergeholfenen Aufgaben einfach unterfinanziert sind“, meinte Tiemann gestern. Bereits jetzt werde die Zusammenarbeit mit den Nachbarkreisen gesucht, wo sie sich effizientere Verwendung von Haushaltsmitteln verspreche. „Eine Kreisgebietsreform verbessert nicht die Finanzsituation, sondern verschiebt sie nur“, sagte die Oberbürgermeisterin.
Zwar befürwortet auch die SGK freiwillige Zusammenarbeit, diese aber könne „eine dauerhafte und strukturelle Lösung nicht ersetzen“, so das Papier. Handlungsbedarf sieht offenbar auch die SPD-Landtagsfraktion: In einem Papier des Arbeitskreises 1 heißt es „Gemeindegebietsreform 2003 zu kurz gesprungen, da an Ist-Zahlen orientiert“. Wenn die für das Jahr 2030 errechneten Einwohnerzahlen erreicht werden, wäre aus ihrer Sicht ein Großteil der Gemeinden zu klein, um noch die Aufgaben wahrnehmen zu können, die den Kommunen anvertraut sind. Der Arbeitskreis geht zudem von etwa einem Fünftel weniger Einnahmen in den nächsten Jahren aus. Die SPD will den Diskussionsprozess schnell voran treiben. „Es kommt nicht darauf an, wer bekommt welche Aufgabe, sondern wie organisiert man kommunale Dienstleistung möglichst kompetent, pünktlich und günstig“, so der SPD-Landtagsabgeordnete Reinhold Dellmann. Im Januar will der SGK-Landesvorstand auf einer Klausurtagung seine Vorstellungen konkretisieren.
Jann Jakobs (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Potsdams, die als einzige laut SGK kreisfrei bleiben soll, hält eine bloße Status-Änderung für „zu kurz gesprungen“, denn Schulden „würden damit nicht aus der Welt geschafft“. „Es führt kein Weg daran vorbei, diese Städte finanziell besser aufzustellen“, so Jakobs. Die Pläne umzusetzen, hieße „Schulden kreisfreier Städte auf die Landkreise abzuwälzen“.
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