
© Zossen zeigt Gesicht
Zossen: Staatsschutz ermittelt nach Anschlag
Für den Anschlag auf den Sprecher der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ sind möglicherweise Rechtsextremisten verantwortlich.
Stand:
Zossen - Zwar geht die Polizei im Landkreis Teltow-Fläming bislang nur von Sachbeschädigungen aus. „Es gibt keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund“, sagte eine Polizeisprecherin. Doch vorsorglich hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Denn der Anschlag entspricht genau dem Muster von Attacken auf SPD-Politiker und Neonazi-Gegner in Treptow und Neukölln, die dem Neonazi-Netzwerk um die einschlägig bekannte Internetseite „Nationaler Widerstand Berlin“ (NW Berlin) zugeschrieben werden: Der Briefkasten am Privathaus des Zossener Initiativensprechers Jörg Wanke wurde in der Nacht zu Sonntag gesprengt. Zugleich versuchten die Täter, die Glasscheibe in der Haustür des abgelegenen Gebäudes mit einem Stein einzuwerfen. Es entstand ein Sachschaden von rund tausend Euro. Nachbarn und Wanke selbst hörten ein Auto davonrasen.
Zugleich ist Ende vergangener Woche erneut – wie schon im August – das Mahnmal für die Opfer des Faschismus im Zossener Stadtpark mit Hakenkreuzen beschmiert worden, außerdem wurde als Schriftzug die Internetadresse jener Neonaziseite NW Berlin hinterlassen, auf der Neonazis eine Feindesliste mit Namen von Politikern, Antifa-Aktivisten, von linken Einrichtungen, aber auch Journalisten führen. Daneben sind weitere Hakenkreuzschmierereien gesichtet worden. Am Montag entdeckten Passanten zwei mit schwarzer Farbe übermalte Stolpersteine, die an in der Nazizeit getötete Juden erinnern, und darunter den drei Meter breiten Schriftzug „Schweine“.
Die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ war 2009 nach mehreren rechtsextremistischen Vorfällen gegründet und deren „Haus der Demokratie“ bei einem Brandanschlag im Januar 2010 zerstört worden. Gegen den Anstifter Daniel T. (26) war das Urteil zu knapp vier Jahren Haft erst Anfang September rechtskräftig geworden. Er war der Kopf der Neonazi-Szene in der Region und der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“, der auch Todesdrohungen gegen Zossener Neonazi-Gegner zugeschrieben werden. Es war eine der aktivsten und äußerst gewaltbereitesten Neonazi-Gruppen in Brandenburg mit Verbindungen zur rechten Szene in Rudow. Nach dem Verbot der Kameradschaft war es in Zossen zwischenzeitlich ruhig. „In der letzten Zeit häufen sich die Vorfälle wieder“, sagte Wanke. Seit einer Weile sind einige von der braunen Truppe aber wieder auf freiem Fuß: die Nummer zwei der Ex-Kameradschaft und einer der Jugendlichen, der 2010 den Brandanschlag auf das Haus der Demokratie verübt hatte, aber wegen fehlender sittlicher Reife nicht verurteilt wurde, sondern ins Heim kam.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: