Kreisreform Brandenburg: Städte setzen auf Eigenständigkeit
Die Verwaltung in Brandenburg soll nach Regierungsplänen schlanker werden. Drei große Städte würden dann ihre Kreisfreiheit verlieren. Nicht nur der Deutsche Städtetag warnt davor.
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Frankfurt (Oder) - Kein Sitz in Aufsichtsräten und Jobcenter sowie raus aus der Statistik: Vor den Folgen von Kreisgebietsreformen für Kommunen hat der Deutsche Städtetag gewarnt. Auf einer Tagung am Montag in Frankfurt (Oder) forderte der kommunale Spitzenverband die Bundesländer auf, bei solchen Reformen auf die „Eingemeindung“ von Städten zu verzichten. Städte seien erster Ansprechpartner für die Bürger, hieß es. Die kommunale Selbstverwaltung sollte konsequent beachtet werden. In der vergangenen Woche hatte der Städtetag dazu eine Resolution verabschiedet. Von 2019 an soll in Brandenburg nach Plänen der Landesregierung die Zahl der Landkreise verringert werden. Die Städte Brandenburg, Frankfurt (Oder) und Cottbus würden dann in die Landkreise „eingemeindet“ werden.
Negative Erfahrungen in Neubrandenburg
Von negativen Erfahrungen mit der Gebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern berichtete der frühere Oberbürgermeister von Neubrandenburg, Paul Krüger (CDU). „Wir sind Opfer einer solchen Entwicklung geworden“, sagte er. Durch die Reform entstand der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Die 2011 gestartete Reform habe zu mehr Zentralismus und mehr Bürokratie geführt, sagte Krüger. „Bürger und Mitarbeiter haben längere Wege.“ Die Stadt habe nicht nur Aufgaben und Vermögen verloren, betonte Krüger. Entscheidend sei, dass sie ihre Eigenständigkeit und Gestaltungsmacht eingebüßt habe. „Dem Größenwahn sind wir zum Opfer gefallen.“ Die Kosten seien gestiegen, Neubrandenburg aus der Statistik verschwunden. „Wir wissen nicht, wo wir stehen. Wir werden nicht mehr wahrgenommen.“ Die mit der Reform in seinem Land verbundenen Ziele seien nicht erreicht worden.
Reutlingens Oberbürgermeisterin: Der Bürger identifiziere sich nicht mit dem Landkreis
Raus aus dem Kreis will etwa Reutlingen (Baden-Württemberg). Die Stadt sei in keinem Aufsichtsrat vertreten, auch nicht im Jobcenter, berichtete Oberbürgermeisterin Barbara Bosch (parteilos). Der Bürger identifiziere sich nicht mit dem Landkreis. „Man ist Reutlinger.“ Zudem habe die Kommune finanzielle Nachteile. „Wir legen jedes Jahr Geld drauf, weil wir nicht Stadtkreis sind.“ Die Kommune habe mittlerweile beim Land beantragt, einen Stadtkreis zu gründen.
Nach Worten des Oberbürgermeisters von Frankfurt (Oder), Martin Wilke (parteilos), fehlt in Brandenburg eine Basis für eine weitere Kreisstrukturreform. Es gebe keine Erhebung, welche Ergebnisse die letzte Reform aus dem Jahr 1993 dem Land gebracht habe, sagte Wilke. Die geplante „Eingemeindung“ schwäche die Städte und schränke die kommunale Selbstverwaltung ein.
Steffi Prutean
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