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Brandenburg: Statistik-Affäre trifft Holzschuher und Feuring Innenminister und Polizeipräsident haben bestritten, dass Zahlen geschönt wurden. Das ist nun widerlegt

Potsdam – Die Affäre um die per Dienstanweisung geschönte Kriminalitätsstatistik in der Polizeidirektion West weitet sich aus – und wird nun zum Problem für die Verantwortlichen: Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) und Polizeipräsident Arne Feuring. Holzschuher hatte nach Bekanntwerden des Verdachts Mitte März erklärt, die Vorwürfe einer Manipulation der Kriminalstatistik 2013 seien haltlos.

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Potsdam – Die Affäre um die per Dienstanweisung geschönte Kriminalitätsstatistik in der Polizeidirektion West weitet sich aus – und wird nun zum Problem für die Verantwortlichen: Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) und Polizeipräsident Arne Feuring. Holzschuher hatte nach Bekanntwerden des Verdachts Mitte März erklärt, die Vorwürfe einer Manipulation der Kriminalstatistik 2013 seien haltlos. Die Kriminalstatistik sei solide erstellt und habe Bestand.

Doch genau das ist jetzt durch die Ergebnisse eines Gutachtens im Auftrag der CDU-Landtagsfraktion und durch die Aussagen des Bundes Brandenburger Staatsanwälte kaum mehr haltbar. Demnach weicht eine Dienstanweisung der Polizeidirektion West vom August 2013 von den bundeseinheitlichen Richtlinien des Bundeskriminalamtes (BKA) deutlich ab. Zudem seien entgegen der üblichen Praxis Einbrüche in einem Straßenzug als ein Fall gezählt worden, um die Zahl der Straftaten Statistik zu senken, hieß es vom Bund Brandenburger Staatsanwälte. Selbst Brandenburgs GdP-Chef Andreas Schuster hatte die Zählweise von Einbrüchen als schwer nachvollziehbar bezeichnet. Andererseits sind laut Bund Brandenburger Staatsanwälte normalerweise als ein Fall gezählte Straftaten wie Trunkenheit am Steuer, Fahren ohne Führerschein und ohne Versicherungsschutz von der Polizei plötzlich in mehrere Fälle aufgeteilt worden, um die Aufklärungsquote statistisch zu verbessern. Das Ausmaß der Affäre ist damit weitaus größer als zunächst angenommen. Holzschuher hat sich offenbar vorschnell hinter seinen Polizeipräsidenten Arne Feuring gestellt.

Beide hatten indirekt sogar eingeräumt, dass die Dienstanweisung vom BKA-Regelwerk zur Kriminalitätsstatistik abweicht. Denn sie hatten ankündigt, auf Bundesebene auf Änderungen im Sinne der Dienstanweisung der Direktion West zu drängen. Feuring selbst hatte die Dienstanweisung verteidigt und damit begründet, dass die BKA-Vorgaben für die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) zu viel Interpretationsspielraum zuließen und konkretisiert werden mussten. Überdies hatte Feuring sogar angekündigt, dass die Vorgaben aus der Direktion West künftig landesweit angewendet werden sollen.

Genau das Gegenteil ist nun der Fall – Feuring musste auch auf Druck des BKA einen Rückzieher machen. Die neue landesweite, vom Landeskriminalamt herausgegebene Dienstanweisung vom 7. April hält sich weitgehend an die BKA-Richtlinie und weist auch nicht mehr jene Fallbeispiele auf, die ein Schlaglicht auf das Ausmaß der Statistiktrickserei warfen. Nach den Vorgaben der Direktion West sollten in der Statistik zehn Autoeinbrüche und Diebstähle im selben Straßenzug an einem Tag nur als ein Fall gezählt werden. Entgegen Feurings Aussage sind die BKA-Richtlinien sehr klar und deutlich. Dort heißt es: Werden aus zehn Autos unterschiedlicher Halter Gegenstände entwendet, werden zehn Fälle erfasst.

Mit seiner Ankündigung von vor einem Monat, die umstrittene Anweisung der Direktion West landesweit einführen zu wollen, setzte sich Feuring sogar selbst dem Verdacht aus, angesichts der anhaltend hohen Zahlen bei Einbrüchen, Diebstählen und beim Autoklau gezielt die Statistik beschönigen zu wollen. Dafür spricht auch Feurings Personalpolitik auf Führungsebene: Der Verfasser der umstrittenen Dienstanweisung wechselte nach deren Inkrafttreten direkt in den Stab des Polizeipräsidiums und damit direkt in Feurings Führungsmannschaft.

Welche Risiken diese Affäre mit sich bringt, ist dem Polizeipräsidium aber offenbar noch immer nicht bewusst. Auf PNN-Anfrage sagte ein Sprecher, die alte Dienstanweisung der Direktion West entspreche den BKA-Richtlinien. Und die neue Richtlinie, die sich tatsächlich an die BKA-Vorgaben hält, habe dieselbe inhaltliche Stoßrichtung wie jene der Direktion West. In beiden Fällen ist das Gegenteil der Fall – wie das Gutachten für die CDU sowie Aussagen von Staatsanwälten und Insidern belegen.

Holzschuher und Feuring haben nun noch ein weiteres Problem: Die Polizeistatistiken sollen nach einheitlichen Kriterien erstellt werden. Damit wird sichergestellt, dass die Zahlen aus den Bundesländern vergleichbar sind. Doch in Brandenburg sind durch die Dienstanweisung der Direktion West selbst die Statistiken der vier Polizeidirektionen nicht mehr vergleichbar. CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher fordert deshalb, dass die Kriminalitätsstatistik für 2013 komplett neu erstellt werden muss. Holzschuher und Feuring müssten umgehend nicht geschönte Zahlen vorlegen. Die Kriminalitätsstatistik spiegle sonst eine verfälschte Sicherheitslage wieder. Dadurch sei auch die Glaubwürdigkeit der Polizei gefährdet.

Aexander Fröhlich

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