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Brandenburg: Strafanzeige gegen Schönbohm

Brandenburgisches Innenministerium sieht in den bekannten Vorwürfen eine „Wahlkampf-Aktion“

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Brandenburgisches Innenministerium sieht in den bekannten Vorwürfen eine „Wahlkampf-Aktion“ Potsdam - Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sieht sich erneut Vorwürfen über seine Rolle in der „Fürniß-Affäre“ ausgesetzt. Der SPD-Landtagsabgeordnete Ulrich Freese hat gegen Schönbohm jetzt Strafanzeige wegen des „Verdachts der Strafvereitelung und Verletzung des Dienstgeheimnisses“ gestellt, weil der Innenminister den damaligen CDU-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß über eine Geldwäsche-Verdachtsanzeige informierte – unmittelbar nach deren Eingang beim Landeskriminalamt im September 2002. Auslöser war eine Überweisung von 1,5 Millionen Dollar aus den Arabischen Emiraten auf das Privatkonto von Fürniß. „Die Staatsanwaltschaft war durch diese Intervention des Innenministers überhaupt nicht mehr frei in der Wahl der Ermittlungsmethoden“, heißt es in der den PNN vorliegenden Anzeige. Der Vorwurf selbst ist nicht neu. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg hatte kürzlich einen Anfangsverdacht des Geheimnisverrats verneint, so dass gegen Schönbohm keine Ermittlungen eingeleitet wurden. Insofern sei die Anzeige „merkwürdig“, sagt Wolfgang Brandt, Sprecher des Innenministeriums. „Es gab keinen Geheimnisverrat.“ Die CDU spricht von einer „Wahlkampf-Aktion“. Doch verweist Freese nach Baden-Württemberg, wo gerade die FDP-Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck zurücktrat, weil gegen sie in einem ähnlichen Fall wegen Geheimnisverrat ermittelt wird. Sie soll den dortigen FDP-Wirtschaftsminister Walter Döring von Ermittlungen gegen ihn unterrichtet haben. „Es ist merkwürdig, dass in Brandenburg anders als in Baden-Württemberg nicht einmal ermittelt wird“, so Freese. Das Innenministerium kontert: Die Fälle seien nicht vergleichbar, Schönbohm habe mit Fürniß auf Bitten des LKA-Direktors gesprochen. Allerdings gibt es Widersprüche in öffentlichen Aussagen Schönbohms zu dem Vorgang, die derzeit auch die Landesregierung beschäftigen. Sie muss eine detaillierte Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Heiko Müller beantworten. Schönbohm hatte im Juni im Landtag erklärt, dass Fürniß von der Anzeige bereits wusste – und zwar von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, was deren Vorstandschef Walter Schubert jedoch strikt bestreitet. Die Darstellung des Innenministers steht nach Informationen der PNN auch im Widerspruch zu Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft. In dem Vermerk von Generalstaatsanwalt Rautenberg vom 17.Juni, in dem die Aufnahme von Ermittlungen gegen Schönbohm abgelehnt wurde, heißt es: „Es ist insoweit davon auszugehen, dass Dr. Fürniß durch Minister Schönbohm von der Verdachtsanzeige erstmals erfahren hatte.“ Dass diese Erstinformation trotzdem kein Geheimnisverrat war, wurde in dem Rautenberg-Vermerk so begründet: Fürniß sei von Schönbohm über die Ermittlungen informiert worden, noch ehe die Staatsanwaltschaft eingeschaltet war. Wörtlich heißt es: „Da das Dienstgeheimnis somit allein den polizeilichen Bereich betraf, kann die Offenbarung desselben durch den Ressortchef der Polizei schließlich nicht als unbefugt angesehen werden.“ Fest steht, dass die damaligen Ermittlungen gegen Fürniß im Sande verliefen. In einem internen Vermerk der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder vom 29. Oktober 2002 zur Einstellung des damaligen Verfahrens, in dem Fürniß mit den Ermittlern kooperierte, heißt es: „Da der Beschuldigte bereits Kenntnis von der gegen ihn erstatteten Geldwäsche-Verdachtsanzeige erhalten hatte, ist der direkte Weg der verantwortlichen Einvernahme gewählt worden.“ Durchsuchungen oder andere Maßnahmen, so die Freese-Anzeige, seien ohnehin „nicht mehr Erfolg versprechend möglich“ gewesen. Allerdings prüft die Staatsanwaltschaft seit dem jüngsten Auftritt von Fürniß im Chipfabrik-Untersuchungsausschuss die Wiederaufnahme von Ermittlungen wegen Korruptionsverdacht. Unabhängig davon hat Freese jetzt auch gegen Fürniß eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und der Bestechlichkeit gestellt.

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