Brandenburg: Streit über Polizeieinsatz geht weiter
Widersprüchliche Aussagen über Anti-Nazi-Kundgebung in Neuruppin / Schönbohm nimmt Beamte in Schutz
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Potsdam - Brandenburger Politiker streiten weiter über den Polizeieinsatz bei der Kundgebung gegen einen Nazi-Aufmarsch am Samstag in Neuruppin. Während Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) das Vorgehen der Beamten am Dienstag verteidigte, erneuerte die Linke-Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann als Betroffene ihre Kritik an dem „übermäßig harten“ Vorgehen der Polizei. Zugleich wies Tackmann Vorwürfe von CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek zurück, wonach von den Demonstranten Gewalt ausgegangen sei. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christoph Schulze, verlangte eine Aufklärung des Falls im Innenausschuss des Landtages.
In Neuruppin hatten am Samstag etwa 800 Menschen gegen einen Aufmarsch von rund 50 Rechten demonstriert. Dabei gab es auch eine kurzzeitige Sitzblockade, die von der Polizei aufgelöst wurde. Im Anschluss setzten Polizisten bei einer weiteren Ansammlung von 30 Gegendemonstranten Pfefferspray ein. Dabei wurden nach Angaben von Augenzeugen mindestens sieben Menschen verletzt, darunter auch die Linke-Politikerin Tackmann. Der Staatsanwaltschaft Neuruppin liegen sechs Strafanzeigen gegen Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt vor. Die Polizei hat der Anklagebehörde auch Videoaufzeichnungen für die Untersuchungen übergeben.
Schönbohm betonte: „Es gibt keinen Anlass, Kritik an der Arbeit der Polizei zu üben.“ Er werde morgen den Innenausschuss des Landtages über die genauen Erkenntnisse zu dem Vorgang informieren.
CDU-Vizelandeschef Sven Petke hatte am Vortag gegenüber den PNN dem Chef der SPD-Landtagsfraktion, Günter Baaske, vorgeworfen, auf dem Rücken der Polizei politische Spielchen zu treiben. Baaske hatte eine gründliche Untersuchung des Polizeieinsatzes gefordert und von möglichen Überreaktionen seitens der Polizei gesprochen.
Schönbohm fügte hinzu: „Jeder ist gut beraten, nicht immer gleich der Polizei die Schuld in die Schuhe zu schieben und Vorgänge nicht sofort politisch zu bewerten.“ Die Sachaufklärung stehe an erster Stelle. Dabei leiste die Staatsanwaltschaft Neuruppin in ihrem laufenden Ermittlungsverfahren wichtige Arbeit. Auch Potsdams Polizeipräsident Klaus Kandt hatte gegenüber den PNN das Vorgehen seiner Beamten verteidigt. Er wies auch den Vorwurf zurück, die Polizei sei nicht gegen Vermummte im rechten Demonstrationszug vorgegangen. Lunacek sagte, die CDU-Fraktion stehe hinter der Polizei. Wie „ekelhaft“ es auch sein mag – die Polizei habe die Aufgabe, das Versammlungsrecht durchzusetzen. Die Kundgebung der Rechtsextremisten sei genehmigt gewesen. Bei der spontanen Blockade hätten Gegendemonstranten Gewalt angewendet. Einige hätten versucht, die Polizisten abzudrängen. Sie hätten dabei auch nach den Beamten getreten. Mit Blick auf Tackmann fügte Lunacek hinzu: „Wie kann es sein, dass sich eine Bundestagsabgeordnete in einer Gruppe aufhält, von der Gewalt ausgeht?“. Tackmann konterte, der Vorwurf sei „absurd“. Die Gegendemonstranten seien nicht gewalttätig gewesen. Es habe lediglich ein Gerangel gegeben. Polizisten seien dabei nicht angegriffen worden. Die Stimmung sei nicht aggressiv gewesen, zumal die Rechtsextremisten in dem Moment des Reizgaseinsatzes gar nicht in Sichtweite der Gegendemonstranten gewesen seien.
Schulze mahnte, Aufklärung stehe vor Parteienstreit. Im Kampf gegen den Rechtsextremismus müssten alle demokratischen Kräfte zusammenarbeiten. Dabei komme es auf „Ruhe und Besonnenheit“ an. ddp/PNN
Susann Fischer
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