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Brandenburg: Streit über Zustand der Landwirtschaft Enquetekommission: Gutachten umstritten

Potsdam - Das schlechte Urteil von Helmut Klüter, Professor für regionale Geografie an der Universität Greifswald, über die brandenburgische Landwirtschaft sorgte am gestrigen Freitag in der Enquete-Kommission des Landtags zur Aufarbeitung der Nachwendezeit für eine hitzige Debatte. Besonders die Linke reagierte gereizt auf Klüters Aussagen über „neofeudale Besitzstrukturen“ im Land.

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Potsdam - Das schlechte Urteil von Helmut Klüter, Professor für regionale Geografie an der Universität Greifswald, über die brandenburgische Landwirtschaft sorgte am gestrigen Freitag in der Enquete-Kommission des Landtags zur Aufarbeitung der Nachwendezeit für eine hitzige Debatte. Besonders die Linke reagierte gereizt auf Klüters Aussagen über „neofeudale Besitzstrukturen“ im Land.

Wie berichtet kommt Klüter in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass die märkische Agrarwirtschaft bei der Produktivität im Ländervergleich auf dem vorletzten Platz liegt. Besonders entwicklungshemmend wirkt sich laut Klüter die überwiegende Bestellung der Flächen durch wenige Großbetriebe aus. Sie würden mit der Massenproduktion für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie sowie für Biogas-Anlagen Kleinbauern vom Markt verdrängen. Der Gutachter machte „neofeudale Besitzstrukturen“ und ein Monopol der Großbetriebe aus. Diese würden noch durch die von der EU gezahlten Flächenprämien stabilisiert. Für die Zukunft empfiehlt Klüter eine Umstrukturierung der ländlichen Regionen, um die Abwanderung von Einwohnern zu stoppen.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel fand die Studie „engagiert und ausgezeichnet“. Der Linke-Abgeordnete Peer Jürgens dagegen sagte: „Das Gutachten ist ideologisch geprägt und der Vorwurf falsch, dass die Landwirtschaft in Brandenburg sich nicht entwickelt hätte.“ CDU-Agrarexperte Dieter Dombrowski sah sich insbesondere in der These bestätigt, wonach die EU-Förderung den Beschäftigungsabbau in der großflächigen Landwirtschaft und damit die Landflucht fördert.

Brandenburgs Landwirtschaft habe in den vergangenen 20 Jahren seine Anpassungsfähigkeit mit ökologischem Landbau und Nischenprodukten bewiesen, sagte hingegen der Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, Udo Folgart. Ein Drittel der Unternehmen erziele seine Einnahmen kombiniert aus Direktvermarktung, Tourismus und Belieferung der Biogas-Produktion.

Als Leitbild für eine künftige Neuentwicklung der ländlichen Regionen biete sich ein „Garten der Metropolen“ an, schlug Gutachter Klüter vor. Das ziele darauf ab, eine regional effektive Landwirtschaft mit hochwertigen Produkten zu entwickeln sowie mit Touristik-, Freizeit- und Kulturangeboten zu kombinieren. Damit sollten vermehrt Städter aufs Land gezogen werden. Voraussetzung sei, künftig nur noch Betriebsneugründungen sowie kleinere und mittelständische Betriebe zu fördern, von denen die Regionen wirtschaftlichen Zuwachs erwarten könnte. Die Naturschutzreferentin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Heidrun Heidecke, forderte eine Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik. „Die Ergebnisse der falschen Ausrichtung der Agrarförderung sind verheerend“, sagte sie. Von 1995 bis 2009 sei der Bestand bei Rebhühnern, Kiebitzen, Haubenlerchen und sogar beim Feldsperling auf weniger als die Hälfte zurückgegangen. Es bestehe die Gefahr, dass sich der ländliche Raum in eine Agrarindustriesteppe verwandle. Brandenburg aber setzte sich bei EU und im Bundesrat anstatt für eine ökologische Ausgestaltung von Agrarförderprogrammen vor allem für Großbetriebsstrukturen ein. axf/dapd

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