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Brandenburg: Symptome von Schwäche

Thorsten Metzner

Stand:

Es sind irritierende Nachrichten aus Brandenburg: Die Chancen auf die Bundesgartenschau 2015 in der „Havelregion“ zwischen der Stadt Brandenburg und der urmärkischen Domstadt Havelberg sind dramatisch gesunken – weil die Landesregierung die ambitionierte Bewerbung aus unerfindlichen Gründen boykottiert. Und Bildungsminister Holger Rupprecht hat jüngst eingestanden, dass die neuen Förderklassen für begabte Kinder, die ausnahmsweise schon ab 5.Schuljahr auf Gymnasien wechseln dürfen, im gesamten Norden Brandenburgs nicht eingeführt werden. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun? Falsch.

Es geht darum, wie stimmig Regierungspolitik in Brandenburg ist. Ob bei der Buga oder den Begabungsklassen: In beiden Fällen wird die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte SPD-CDU-Koalition – sie hat gerade Halbzeit – ureigenen Ansprüchen nicht gerecht. Schließlich propagiert man ständig, die „Stärken zu stärken“, wirbt für „Erneuerung aus eigener Kraft“, für Leistungsprinzip und Realitätssinn, will schlummernde Talente und Energien im Land aufrütteln, setzt auf Eigeninitiative. Nur leere Formeln?

All das hat die „Havelregion“ getan – ohne den Blick für die finanziellen Realitäten in ihren Kassen und beim Land zu verlieren. Die fünf Kommunen haben eben keine Wünsch-Dir-Was-Liste vorgelegt, sondern ohnehin von der Regierung geförderte Projekte intelligent miteinander verbunden. In der Stadt Brandenburg, wo in diesem Jahr die Gründung des Landes vor 850 Jahren begangen wird, ist es etwa das fast fertige Paulikloster. Blumen in mittelalterlichen Gemäuern präsentieren? Gäste über die Havel zwischen den Domstädten Brandenburg und Havelberg entlang über die renaturierte Untere Havel schippern?

Ein einfacher, wie bestechender Ansatz. Es wäre eben keine „Luxus-Buga“ mit finanziellen Folgerisiken wie einst in Potsdam, wo unter dem damaligen Stadtoberhaupt Platzeck für Unsummen ein neuer Stadtpark, eine neue Halle, ein neuer Lustgarten in die Stadt geklotzt wurden – und das alles großzügig gefördert vom Land. Ganz zu schweigen davon, dass Brandenburg, Rathenow und Premnitz sogar zu den von der Platzeck- Regierung ausgewählten „Zentren“ gehören, die eigentlich auch künftig besonders gefördert werden sollen. Leere Worte?

Wie die Landesregierung mit „starken“ Kindern umgeht, wiegt schwerer. Brandenburg wird einmal mehr zum geteilten Land. Nicht nur die Jobs, auch die Bildungschancen hängen künftig vom Wohnort ab – aus hausgemachten Gründen. Der zuständige Minister Holger Rupprecht hat es den Kommunen überlassen, also dem Selbstlauf, wo die neuen Förderklassen eingerichtet werden. Kein Wunder, dass es nun im Norden, von Uckermark bis Prignitz, aus denen viele junge, kluge, bewegliche Familien schon jetzt lieber wegziehen, keine einzige solche Klasse geben wird. Rupprecht sieht zu, wie in Oberhavel ein Landrat die Bildungshoheit des Kreises erfindet – und die Bewerbung von Gymnasien, den Wunsch von Eltern und Kindern torpediert. Er sieht zu, wenn dafür in Potsdam gleich fünf Klassen eingerichtet werden – und es in Brandenburgs Hauptstadt danach keine sechsjährige Regel-Grundschule mehr geben wird.

Man merke: Wo früher Gleichmacherei im Stolpe-Land herrschte, die auch eine Form von Benachteiligung war, entstehen durch schlechtes Regierungshandwerk neue Ungerechtigkeiten. Der Umgang mit der Buga-Bewerbung wie mit Begabungsklassen sorgt für neue Frustrationen und demotiviert. Wer von anderen „Stärken stärken“ fordert, sollte zunächst eigene Schwachstellen anpacken. Eine Regierungspolitik „aus einem Guss“, wie sie Matthias Platzeck nach der Wahl versprochen hat, sähe anders aus.

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