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Brandenburg: Techno am Tischtelefon Ballhaus Berlin-Mitte nach Sanierung wieder offen

Berlin - Wenn man heute in einem Klub jemanden aufreißen will, wird wild getanzt, viel gegrabbelt und gegrapscht. Das war nicht immer so.

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Berlin - Wenn man heute in einem Klub jemanden aufreißen will, wird wild getanzt, viel gegrabbelt und gegrapscht. Das war nicht immer so. In den Swing- Klubs der 50er-Jahre standen auf den nummerierten Tischen Telefone, mit denen man die Damen an den anderen Tischen anrufen und zu einem Getränk einladen konnte. In der Berliner Chausseestraße soll das auch weiterhin möglich sein. Die Tischtelefone haben hier im wiedereröffneten Ballhaus schließlich eine lange Tradition.

„Neues Ballhaus im alten Gewand“, fasst es Christof Blaesius zusammen, der zusammen mit Karl-Heinz Heymann vom Kaffee Burger das Tanzlokal übernommen hat. In seinem mattgold- schwarz gestreiften Anzug und den grauen Chucks verkörpert der 53-Jährige selbst das Image der Tanzbar: Nostalgie im modernen Berlin. Hat sich denn mit der Sanierung viel verändert? „Die neue Tanzfläche ist aus Fischgrätparkett, den kargen weißen Stuck haben wir golden patiniert“, sagt Blaesius. „Die Bar und die Toiletten sind neu gemacht, jedoch dem Original nachempfunden.“ Neu ist vor allem die Technik und der Schallschutz, weshalb die Decke aufgerissen werden musste.

Der Umbau ist gelungen. Tatsächlich fühlt man sich wie in einem 50er-Jahre- Film, verursacht durch Kronleuchter, Stuck und die grün-weißen Tapeten auf der Empore – und natürlich die nummerierten Tische mit den Telefonen. Die Kosten der Sanierung liegen im sechsstelligen Bereich. Lediglich auf dem Vorplatz hat sich nichts verändert. Die Fassade der anliegenden Häuser verfällt langsam, ein großes Plakat kündigt das Helene-Fischer-Konzert in der O2-World an. Sehr grell und so gar nicht 50er-Jahre.

Dass das Ballhaus wiedereröffnet, ist keineswegs selbstverständlich. Mit der Silvesternacht war vorerst Schluss, Herbert Gottschlich, der ehemaliger Besitzer, wollte nicht mehr. Zu wenige Gäste, vor allem wegen der Dauerbaustelle an der Invalidenstraße. Gottschlich sprach damals von Umsatzeinbußen bis zu 50 Prozent. Sind Stuck, Swing und Stil überhaupt noch zeitgemäß? Blaesius ist zuversichtlich: „Es gibt in Berlin ein großes Verlangen nach gepflegter Abendunterhaltung, die Leute sind den Trash satt,“ sagt er. Nicht nur der Erfolg von Clärchens Ballhaus an der Auguststraße, das im vergangenen Jahr 100. Geburtstag gefeiert hat, gibt ihm recht.

Die Electro-Swing-Szene boomt gerade. Simon Grothe

Ballhaus Berlin, Chausseestraße 102, Di, Fr und Sa ab 20 Uhr, Eintritt: 10 Euro, mehr Infos unter: www.ballhaus-berlin.de

Simon Grothe

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