Brandenburg: Teenager drängen hinters Lenkrad
Die 17-jährige Schülerin Julia Koser aus Falkensee sagt: „Ich bin scharf aufs Autofahren“
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Falkensee/Potsdam - Fast alles ist in diesen 40 Minuten gut gegangen. Ein vergessener Schulterblick, ein missglückter Einparkversuch – der Fahrlehrer musste Julia Koser nur auf kleine Schnitzer hinweisen. Die Schülerin aus Falkensee (Havelland) hat gerade ihre 32. Fahrstunde absolviert und soll ihre Prüfung in gut zwei Wochen ablegen. Damit wird sie voraussichtlich eine der ersten Jugendlichen in Brandenburg sein, die den Führerschein mit 17 in der Tasche haben.
„Ich bin scharf aufs Autofahren“, gibt Koser unverblümt zu. Seit dem 1. Februar dieses Jahres können Jugendliche am Modellprojekt „Begleitetes Fahren ab 17“ teilnehmen. Nach bestandener Prüfung dürfen sie mit einer Bescheinigung unter Aufsicht auf die Straße. Die erste dieser Art wurde in Brandenburg bereits Mitte Februar erteilt. Wenn die Absolventen 18 Jahre alt sind, erhalten sie auf Antrag den regulären Führerschein.
„Die Ausbildung ist in vollem Gange“, berichtet der Vorsitzende des brandenburgischen Fahrlehrerverbandes, Bernhard Katritzki. Dabei malt er ein höchst uneinheitliches Bild: Während manche der landesweit 700 Fahrschulen eine hohe Nachfrage registrierten, meldeten andere nur eine Hand voll Interessenten. „Wir schätzen, dass sich unter den Fahrschülern im Jahresdurchschnitt 10 bis 15 Prozent für das begleitete Fahren anmelden werden.“ Dabei lägen die Zahlen in Brandenburg höher als in Berlin. „Vielleicht ist es eine Anfangseuphorie.“ Julia Koser weiß, warum sie ihren Führerschein so früh machen will: „Ich fühle mich sicherer, wenn in der ersten Zeit jemand neben mir sitzt.“ Katritzki nennt das „Fahr-Erfahrungen sammeln unter geschützten Bedingungen“. Als Begleitpersonen will die Schülerin ihre Eltern und den Onkel benennen. Etwa die Hälfte der Anwärter wählen die Eltern, wie der Verbandschef zu berichten weiß. Auch für die Begleitpersonen gelten bestimmte Regeln: Sie müssen mindestens 30 Jahre alt sein und seit fünf Jahren eine Fahrerlaubnis besitzen. Höchstens drei Strafpunkte im Verkehrszentralregister sind erlaubt, Drogen und Alkohol jenseits der 0,5-Promille-Grenze tabu. Das Infrastrukturministerium empfiehlt ausdrücklich eine Einweisung. Darin soll es um die Aufgaben des Begleiters, die Rechte Minderjähriger sowie das Strafrecht gehen. Andere Punkte sind laut einem Leitfaden die Einflussmöglichkeiten der Eltern sowie Regelungen in puncto Alkohol und Drogen. Begleiter und Fahranfänger würden am besten gemeinsam geschult, verpflichtend ist das Ganze aber nicht. „Ich war zuerst sehr skeptisch“, gibt Volker Beckmann zu. Er ist Inhaber der Falkenseer Fahrschule und gehört dem erweiterten Vorstand des Fahrlehrerverbandes an. Beckmann fragte sich anfangs, ob 17-Jährige schon reif für den Führerschein sind. Weil sie aber in der ersten Zeit begleitet werden, sehe er das Projekt inzwischen positiv. Auch Beckmann bietet ein 90-minütiges Gespräch mit den Begleitpersonen an. Bisher bereiteten sich die meisten der 17-Jährigen auf die theoretische Prüfung vor; die wenigsten lernten schon auf der Straße. Mit dem begleiteten Fahren sollen die Unfallzahlen bei den 18- bis 24-Jährigen gesenkt werden, erläutert Katritzki. Angehörige dieser Altersklasse seien an fast 22 Prozent aller Unfälle beteiligt; bei tödlichen Karambolagen erreiche der Anteil sogar 32 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Pro Woche sterbe auf Deutschlands Straßen eine Schulklasse.
Leticia Witte
Leticia Witte
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