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Brandenburg: Tempo 200 mit 2,0 Promille

Nothalt bei Berlin: IC-Lokführer betrunken

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Berlin - Der Lokführer war sturzbetrunken. Der Atemalkohol-Test bei dem 50-Jährigen, dessen Intercity am Dienstagabend die Strecke zwischen Hamburg und Berlin lahmgelegt hatte, hat 2,0 Promille ergeben. Das teilte die Bundespolizei mit. Nun werden Zeugen befragt, ob es schon vorher Auffälligkeiten beim Zugführer gegeben hatte. Der Mann ist mittlerweile krankgeschrieben. Wie berichtet war den Schaffnern die merkwürdige Fahrweise des Kollegen aufgefallen. Als die Kontaktaufnahme in die Lok scheiterte, zog ein Zugbegleiter schließlich um 18.15 Uhr die Notbremse. Der Intercity 2071 auf der Fahrt von Hamburg nach Dresden stoppte schließlich westlich von Berlin-Spandau, in Paulinenaue kurz vor Nauen. Die 150 Reisenden konnten erst nach zwei Stunden ihre Fahrt fortsetzen – mit einem Ersatzlokführer. Auf dem Feld neben dem Zug war in der Dunkelheit sogar ein Rettungshubschrauber gelandet, weil die Zugbegleiter sich um die Gesundheit des Lokführers gesorgt hatten.

Offenbar ist es zumindest für die Bundespolizei in Berlin und Brandenburg der erste Fall von Trunkenheit im Führerhaus. „Wir führen darüber keine Statistik“, sagte der Sprecher der Bundespolizei. „Ich habe mich aber im Kollegenkreis umgehört und da konnte niemand etwas berichten.“ Auch bei der Bahn sind keine vergleichbare Fälle bekannt. Zu möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen wollte sich ein Bahnsprecher nicht äußern. Sollte die Blutprobe den Verdacht bestätigen, wird der Eisenbahnfahrzeugführerschein ohnehin eingezogen.

Nicht nur im Fernverkehr sind 0,0 Promille die Regel: Auch ein BVG-Sprecher hat in seinen zehn Jahren Dienstzeit von keinem einzigen betrunkenen Fahrer gehört. „Es kommt hin und wieder vor, dass ein Fahrgast behauptet, der Fahrer sei betrunken“, sagte er. Dann komme sofort die Polizei und kontrolliere den Fahrer. „Das Ergebnis war bisher immer: null Komma null.“ Zudem gebe es von der BVG aus fast täglich stichprobenartige Kontrollen. Auch diese waren in den vergangenen Jahren negativ. Dafür hat der Sprecher eine Erklärung: „Da will ja niemand seinen Lebensgrundlage riskieren. Wenn der Personenbeförderungsschein wegen Alkohols entzogen wird, ist er für immer weg.“

Aber das gilt auch für Lokführer der Deutschen Bahn. Aber der BVG-Mann sieht einen gewaltigen Unterschied. Während im Nahverkehr nur wenige Minuten zwischen den Stationen liegen, haben Intercity-Züge oft weite Strecken zwischen den Bahnhöfen zu überbrücken. „Zugführer sind in dieser Zeit quasi unsichtbar. Bei uns besteht mehr Kontakt zum Passagier. Außerdem kann auch mal ein Kollege oder der Chef an der nächsten Haltestelle stehen“, sagt der BVG-Sprecher.

Aber unter Drogeneinfluss stand schon mal ein Busfahrer der BVG: Er war im August 2012 auf Kokain unterwegs. Er soll einen Radfahrer abgedrängt haben und zweimal bei roter Ampel weitergefahren sein. Ein Fahrgast alarmierte die Polizei, wenig später wurde der Fahrer aus dem Verkehr gezogen.

Das ist bei einem Intercity gar nicht so leicht möglich: Der Eisenbahner konnte sich in seiner Führerkabine lange Zeit erfolgreich von den Zugbegleitern abschotten, die ihn wegen seiner zu späten Bremsungen oder zu starken Beschleunigungen über die Funksprechanlage kontaktieren wollten. Auch eine automatische Bremsvorrichtung für Notfälle griff nicht, weil der Zugführer in regelmäßigen Abständen die Steuerung bediente. Da er kein Signal überfuhr, schlug auch eine andere Sicherung nicht an. Schließlich zogen die Zugbegleiter im Havelland die Notbremse. Martin Pfaffenzeller (mit AG)

Martin Pfaffenzeller (mit AG)

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