Brandenburg: Tickende Zeitbombe
Einer der Potzlow-Täter erneut wegen rechtsextremistischer Straftat verurteilt
Stand:
Prenzlau - Aus seiner rechtsextremen Gesinnung macht Sebastian F. erst gar keinen Hehl. Zu dem Verfahren gestern im Amtsgericht Prenzlau erscheint der an die 1,90 Meter große Skinhead mit einem Kapuzenshirt der in der rechten Szene beliebten Marke „Lonsdale“. Richter Olaf Zech verhängt gegen den 23-Jährigen zwei Strafen: Wegen Verwendens von NS-Kennzeichen und zwei Fällen von Körperverletzung wird er zu 15 sowie 14 Monaten Gefängnis verurteilt.
Es ist längst nicht das erste Mal, dass Sebastian F. auf der Anklagebank sitzt: Er war einer der drei rechtsextremen Täter, die für den bestialischen Mord an dem 16-jährigen Marinus Schöberl im uckermärkischen Potzlow verurteilt wurden, der im Sommer 2002 deutschlandweit für Entsetzen gesorgt hatte. Die drei Männer hatten den Jungen stundenlang misshandelt, einer von ihnen schlug dem Opfer mehrfach mit einem Stein auf den Kopf, die Leiche wurde in einer Jauchegrube versenkt.
Während seine Mittäter für achteinhalb und 15 Jahre ins Gefängnis mussten, wurde der zur Tatzeit 17-jährige Sebastian F. Ende 2004 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren Jugendhaft verurteilt. Die sind längst um, dennoch wurde er gestern aus der Haftanstalt zum Prenzlauer Amtsgericht gebracht. Denn inzwischen wurde er unter anderem wegen Tragens eines Schlagrings zu weiteren Haftstrafen verurteilt, die in die jetzigen beiden Urteile mit einfließen. Richter Olaf Zech zählt insgesamt sechs Straftaten während der Bewährungszeit des Angeklagten auf. Eine Aussetzung der beiden neuerlichen Urteile zur Bewährung komme damit nicht in Frage.
In der Nacht vom 15. zum 16. September 2007 hatte er nach Überzeugung des Gerichts am Rande eines Konzerts in Templin die Hacken zusammengeschlagen und den Arm zum Hitlergruß ausgestreckt.
Wenige Stunden später habe Sebastina F. einen Mann zweimal mit der Faust gegen den Kopf geschlagen. „Hintergrund der Tat war eindeutig die rechte Gesinnung des Angeklagten“, sagt der Richter. Die zweite Strafe wird verhängt, weil er am 10. Januar 2008 einen jungen Mann in einem Auto zweimal grundlos geschlagen habe. Hier spiele zwar die Gesinnung des Angeklagten keine Rolle. Es habe sich aber ebenfalls um einen Akt der Gewalt gehandelt, sagt Zech.
„Sie sind eine tickende Zeitbombe“, sagt der Richter zu Sebastian F. und fügt hinzu: „In Ihnen ist noch immer eine rechte Gesinnung verfestigt.“ Für den Angeklagten scheine Gewalt zur Lösung seiner Probleme auf der Tagesordnung zu stehen. Noch drastischer formuliert es Staatsanwältin Petra Döring: „Der Angeklagte hat mit der Rechtsordnung nichts am Hut und setzt lieber sein eigenes Gewaltrecht ein.“ Sebastian F. gehört zu den Wortführern der rechten Szene im idyllischen Templin – zusammen mit einem der beiden rechtsradikalen, die vor wenigen tagen in Templin einen arbeitslosen Tischer brutal ermordet haben sollen. Gestern im Gericht indes schweigt Sebastian F. während des gesamten Verfahrens. Sein Blick, leer und nichtssagend , geht geradeaus ins – Nichts. Jörg Schreiber
Jörg Schreiber
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: