Brandenburg: Tipps für Job und Seele
Förderprogramm bietet Brandenburger Arbeitslosen mehr als nur Bewerbungstraining
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Förderprogramm bietet Brandenburger Arbeitslosen mehr als nur Bewerbungstraining Rathenow - 1,20 Euro kostet die Bockwurst in dem Rathenower Imbiss. Für den 55-jährigen gelernten Maurer ist das nicht billig: „Da frage ich mich, kannst du dir das leisten. Im Supermarkt gibt es für den Preis doch fünf Würstchen.“ Seit sieben Jahren ist er arbeitslos, seine Frau hat ebenfalls keinen Job, und der 17-jährige Sohn macht gerade eine Umschulung. Da müsse man sich eben einschränken, sagt der Mann. Seit einigen Tagen sitzt er mit 19 anderen Arbeitslosen in einem Computerraum im Rathenower Industriegebiet und erlernt den Umgang mit Dateien. Für einige ist diese Technik noch ungewohnt, sie drücken nur vorsichtig die Tasten der PC-Maus. Die Fortbildung am Computer ist Teil eines zwölfwöchigen Kurses, den die Gesellschaft zur Förderung der Erwachsenenbildung (EB) Land Brandenburg anbietet. Der Kurs gehört zum Programm „Aktiv für Arbeit“, das die Landesregierung Brandenburg ins Leben gerufen hat. Der Kurs ist in mehrere Module unterteilt, erklärt der EB-Projektleiter in Rathenow, Joachim Lucas. Neben der Einführung am PC analysieren in den ersten beiden Wochen die Kursleiter und ein so genannter Betriebskontakter zusammen mit den Arbeitslosen deren Stärken und Schwächen. Dann werden die Bewerbungsunterlagen optimiert. Die Teilnehmer gehen anschließend zwei Wochen lang auf Jobsuche. Bei konkreter Aussicht auf eine Stelle können die Männer und Frauen in den jeweiligen Betrieben zunächst auch Praktika oder Probearbeiten absolvieren, sagt Lucas. Danach wechseln sich im zweiwöchigen Rhythmus wieder Kurs- und Bewerbungswochen ab. Ein wichtiger Trainingsbestandteil ist die Verbesserung der physischen und psychischen Situation der Teilnehmer, erläutert Lucas. So gibt eine Expertin eine Typ-Beratung und Outfit-Tipps. Wichtiger aber ist es, dass die Teilnehmer wieder Selbstvertrauen gewinnen, betont Lucas. Einige Menschen seien durch die Arbeitslosigkeit entmutigt und würden dementsprechend in Vorstellungsgesprächen auftreten: „Vielen hilft es auch, durch den Kurs mal wieder unter Leute zu kommen." Die Jobsuche selbst gestaltet sich schwierig, sagt die Projektmanagerin für die fünf EB-Kurse in Brandenburg, Jeannette Michta. Einige Stellen sind zwar vorhanden, aber viele Arbeitslose erfüllten die Anforderungen nicht. So hätten einige keinen Führerschein, andere seien nur begrenzt mobil, da sie keine Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder haben. Bei wieder anderen seien die Computerkenntnisse unzureichend. Hinzu kämen bei manchen soziale Probleme: Es fehlt das Geld für Kleidung, für den Friseurbesuch, für den Zahnarzt. „Nach langen Jahren in der Arbeitslosigkeit bauen viele einfach ab“, sagt Michta. Gibt es dann doch ein Jobangebot, tauchen neue Probleme auf. Michta kennt Fälle, in denen Arbeitslose die Offerte ablehnten, weil sie unterm Strich für ihren Job nur genauso viel bekämen wie als Empfänger staatlicher Bezüge. Andere haben Mühe, wieder in den Joballtag hineinzukommen. So sind viele die körperliche Belastung im Gartenbau oder in der Landwirtschaft nicht mehr gewohnt, sagt sie. Aber die Teilnehmer in Rathenow wollen nicht aufgeben. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt eine 49-Jährige aus der Gemeinde Seeblick. Seit 2000 sucht sie eine Arbeit als Verkäuferin. Doch die Absagen waren alle gleich begründet: zu alt. Alexander Gruber www.lasa-brandenburg.de
Alexander Gruber
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