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Brandenburg: Totgeschwiegen und geschmäht

In Brandenburg hingerichteter Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter seliggesprochen

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Linz/Oranienburg – Der österreichische sogenannte NS-Märtyrer Franz Jägerstätter (1907-1943) ist am Freitag seliggesprochen worden. Der Kriegsdienstverweigerer war am 9. August 1943 im Zuchthaus Brandenburg von den Nationalsozialisten hingerichtet worden.

Er habe sein Leben „hingegeben in hochherziger Selbstverleugnung, mit aufrichtigem Gewissen in Treue zum Evangelium und für die Würde der menschlichen Person“, stellte Papst Benedikt XVI. in einem Schreiben fest, das Kardinal Jose Saraiva Martins bei der Zeremonie am österreichischen Nationalfeiertag in der Linzer Kathedrale verlas. Der Präfekt der Heiligsprechungskongregation nahm in Vertretung des Papstes den Akt der Seligsprechung vor. „Jägerstätter ist ein Vorbild in der Treue zum Gewissensanspruch, ein Anwalt der Gewaltlosigkeit und des Friedens, ein Warner vor zerstörerischen Ideologien“, hieß es in der „Petition“, der formellen „Bitte um Seligsprechung“, die vom Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer verlesen wurde.

Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz sagte in seiner Predigt, Jägerstätter habe ein waches Gewissen gehabt und das NS-Regime als eine Gefahr für Freiheit, Menschlichkeit und das Christentum gesehen. Er sei ein „hoffnungsvolles und Mut machendes Licht- und Wegzeichen, das Gott unserer Zeit - mit ihren eigenen Herausforderungen - aufgesteckt hat“.

Die Seligsprechung Jägerstätters war wegen unterschiedlicher Einschätzungen über Wehrdienstverweigerung umstritten. So übte der Wiener Militärseelsorger Siegfried Lochner vorab Kritik. „Jägerstätter war ganz sicher kein Märtyrer der katholischen Kirche, sondern ein bedauernswertes Opfer seines irrenden Gewissens, das heute politisch instrumentalisiert wird“, sagte er. Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn widersprach dieser Ansicht. Die Heiligsprechungskongregation habe klar festgestellt, dass Jägerstätter ein „Märtyrer des Gewissens“ gewesen sei. Auch der deutsche Militärbischof Walter Mixa verteidigte die Seligsprechung. Der Österreicher habe schon als junger Mann „die ganze Taktik der NS-Ideologie und ihre verheerenden Kriegsfolgen“ erkannt. Er sei „ungeheuer mutig“ gewesen und insofern ein Vorbild. „Im Grunde hätten damals alle Christen den Kriegsdienst verweigern müssen“, meinte Mixa. „Dann wäre das Regime machtlos gewesen.“ Jägerstätter wäre am 20. Mai 100 Jahre alt geworden. In Brandenburg war er zum Tode verurteilt worden, weil er den Kriegsdienst aus religiöser Überzeugung verweigerte und, wie er sagte, nicht an der Errichtung und Erhaltung eines „gottlosen Systems“ mitwirken wollte. Dafür erntete er auch von seinem Bischof Widerspruch und Unverständnis. Auch nach dem Krieg lange totgeschwiegen, leitete die Diözese Linz 1997 ein Seligsprechungsverfahren ein. Das österreichische Parlament rehabilitierte die NS-Gegner aus Gewissensgründen erst 2005.

Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat die Seligsprechung des Jägerstätter begrüßt. Es sei erfreulich, dass die konsequente Haltung Jägerstätters gegen den verbrecherischen Krieg der Nationalsozialisten und für die eigene Gewissensentscheidung Anerkennung gefunden habe, teilte die Stiftung in Oranienburg mit. Norbert Zonker

Norbert Zonker

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