Brandenburg: Traute Bankenkritik
Wie Finanzminister Markov im Kreis von linken Systemkritikern selbst zum Buh-Mann wurde
Stand:
Potsdam - Eine gemeinsame Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung und des Finanzministers stellte am Donnerstagabend klar, dass die Kritiker der Finanzwirtschaft nur schwer eine gemeinsame Antwort finden. Die rot-rote Regierungspolitik in Brandenburg kollidierte mit den Forderungen radikaler Systemkritiker. Im gut besetzten Brandenburg-Saal der Staatskanzlei sollte über die Frage diskutiert werden, ob wir von den Banken inzwischen regiert werden. Dazu kam es aber trotz fast schon verzweifelter Bemühungen von Martina Weyrauch, der Leiterin der Landeszentrale, nicht. Heiner Flassbeck, vor Jahren der Staatssekretär des damaligen SPD-Vorsitzenden und Finanzministers Oskar Lafontaine, ist ein Mann, der auf jede globale Krise eine umfassende Antwort bereit hält. Da spielen die Banken nur eine untergeordnete Rolle. Flassbeck sieht die Politik in der Verantwortung für die gegenwärtige Krise und dabei im Besonderen die der Bundesrepublik. Die verweigere den Menschen ihren Anteil am Sozialprodukt, schwäche damit die Massenkaufkraft und verfolge einen Sparkurs, der die Sache weiter verschlimmere, weil er zu wirtschaftlicher Stagnation führe.
Flassbeck hat dagegen ein einfaches Rezept. Er will die Notenpresse anschmeißen, eine massive weitere Verschuldung riskieren und die Löhne und Gehälter jährlich um vier Prozent ansteigen lassen. Das konnte Finanzminister Helmuth Markov (Linkspartei), der versucht die Schulden abzubauen, nicht unwidersprochen stehen lassen. Markov, der bei der Beschreibung der aktuellen Ungerechtigkeit ganz auf der Seite von Flassbeck steht, fühlte sich als oberster Sparkommissar des Landes unfair angegriffen. Er könne gar nicht anders, weil ansonsten die rot-rote Landesregierung bald völlig handlungsunfähig sei. An einem Punkt sei man immerhin Flassbeckschen Logik gefolgt und habe für die Beamten des Landes in vollem Umfang den letzten Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes übernommen. Das hätten lange nicht alle Bundesländer so gemacht.
Der von Markov bemühte bescheidene Beitrag zur Erhöhung der Massenkaufkraft stellte aber weder Flassbeck noch den Attac-Aktivisten Alexis Passadakis zufrieden. So entwickelte sich die Veranstaltung zu einem Forum, in dem die sozialistische Linkspartei bei ihrem Versuch mitzuregieren genauso für all die Entwicklungen der letzten Jahre gescholten wurde, wie all die anderen politischen Parteien. Markov, in der ungewohnten Rolle des Buhmanns von linken Systemkritikern, sagte nur noch, er könne „keine Vogel-Strauß-Politik“ machen und die Schulden ignorieren. Dann lobte er noch das Konjunkturprogramm, das „wir Merkel zu verdanken haben“.
Ursprünglich wollte Martina Weyrauch bei der Veranstaltung noch „einen gestandenen Vertreter der Bankenwelt“ dabei haben. Sie hat aber keinen gefunden. Immerhin hat sie den Beweis erbracht, dass auch unter linken Bankenkritikern die Handlungsvorschläge weit auseinander gehen können. Johann Legner
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: