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Brandenburg: Treueherz an Kasse vier

Emmely arbeitet wieder bei Kaiser’s Die schaulustigen Kunden drängelten sich

Von Maris Hubschmid

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Berlin - „Sammeln Sie Treueherzen?“, fragt Kassiererin Barbara E. freundlich. Sie selber, bekannt geworden als „Emmely“, hätte solche verdient. Nach zwei Jahren Zwangspause nahm die 52-Jährige aus Berlin-Hohenschönhausen am Dienstag ihre Arbeit bei der Supermarktkette Kaiser’s wieder auf – dem Arbeitgeber, der sie im Februar 2008 wegen des Einlösens zweier liegengebliebener Pfandbons entließ.

Kurz vor zehn war es, als Barbara E. sich ihren Weg durch die Menge bahnte. Zahlreiche Fotografen und Schaulustige hatten sich vor der Kaiser’s Filiale im Linden-Center am Prerower Platz eingefunden, „da war richtig was los“, sagt Barbara E. später, Zeit für Interviews habe sie allerdings kaum gehabt. Eigentlich, und das glaubt man ihr sofort, wolle sie einfach nur ihre Arbeit machen – der ganze Rummel um ihre Person, der sei ihr gar nicht so lieb.

Nach einem kurzen Einführungsgespräch im Personalraum saß sie dann auch schnell wieder an der Kasse. Fast wie in alten Zeiten, „an der Bedienungsweise hat sich nicht viel geändert“, sagt Barbara E., „ich kann gleich wieder ran“. „Schön, dass Sie es geschafft haben“, sagt ein Kunde und schenkt ihr ein Lächeln. „Danke“, antwortet die Kassiererin knapp und fährt unbeirrt mit dem Scannen der Waren fort. Sie habe gelesen, dass „Emmely“ jetzt hier in der Einkaufspassage arbeite, sagt Anwohnerin Irmgard Zenke. „Da sag’ ich zu meinem Mann: Da kaufen wir ein.“ Einen ausgesprochen sympathischen Eindruck mache die neue Kollegin, findet ein Marktangestellter. „Ganz so, wie man sie aus der Zeitung kennt.“ Die Mitarbeiter seien sehr offen und höflich gewesen, erzählt Barbara E., „ein bisschen neugierig alle, wie das eben so ist.“

Barbara E. war nach 31 Jahren fristlos gekündigt worden, „das Vertrauensverhältnis ist zerrüttet“, lautete die Begründung der Kaiser''s Tengelmann GmbH. Erst in der dritten Instanz hatte Barbara E. schließlich Recht bekommen: Der nach so langer Betriebszugehörigkeit vorhandene Vorrat an Vertrauen würde durch eine einmalige Verfehlung nicht aufgezehrt, urteilte das Bundesarbeitsgericht am 10. Juli und hob die Kündigung auf. Die Leergutmarken hatten einen Gesamtwert von 1,30 Euro gehabt.

„Es lohnt sich, zu kämpfen“, sagt Emmely glücklich. In ihre alte Filiale wollte sie dennoch nicht zurück. Sie wolle kein Öl ins Feuer gießen, erklärte ihr Anwalt. Dortige Mitarbeiter hatten im Prozess gegen sie ausgesagt. Emmely sagt: „Ich schaue jetzt positiv in die Zukunft.“ Es fühle sich einfach gut an, wieder zu arbeiten. „Und es gefällt mir hier, an Kasse vier.“ Maris Hubschmid

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