Brandenburg: Trinkwasser wird jetzt gechlort
Quelle der Verunreinigungen sollen in Brunnen gesickerte Fäkalbakterien sein
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Berlin - Wer sich jetzt in der Stadt die Zähne putzt, Kaffee kocht oder ein Bad einlässt, tut dies mit gechlortem Wasser: Nach dem Fund von koliformen Bakterien im Trinkwasser in Spandau desinfizieren die Berliner Wasserbetriebe vorerst vorsichtshalber Berlins Rohre und Trinkwasser mit Chlorgas. „Das Wasser schmeckt aber nicht nach Chlor, da sich das Gas verflüchtigt“, sagte der Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, André Beck. Auch wenn das Wasser keimfrei ist, sollten die betroffenen 130 000 Spandauer sicherheitshalber das Wasser noch bis zum heutigen Samstagabend abkochen – dann werden genaue Ergebnisse der Wasseranalysen erwartet. Die Wasserbetriebe haben am gestrigen Freitag die vermutlich verunreinigten Trinkwasserbrunnen näher lokalisiert. „Die Suche konzentriert sich auf die Brunnengalerien Nord und Süd im Areal Pionierstraße“, sagte Sprecher Beck.
Die 30 infrage kommenden Brunnen wurden genauestens untersucht. Nach Auskunft von Jens Feddern, Leiter der Wasserversorgung bei den Wasserbetrieben, verdichten sich die Hinweise, dass die koliformen Keime aus den Brunnen stammen, „und dass sie von Fäkalien kommen“. Koliforme Bakterien entstehen Experten zufolge auch bei der Verwesung von organischem Material wie Blättern, Temperaturschwanklungen können das Wachstum begünstigen. Wegen des starken Regens könnten durch Oberflächenwasser Schadstoffe eingedrungen sein. Auch defekte Brunnen oder Verunreinigungen durch Baumaßnahmen schließen die Wasserbetriebe nicht als Ursache aus.
Um die Herkunft der koliformen Bakterien aufzuspüren, ließ der Bezirk Spandau am Freitag sechs Wasserproben zwischen Heerstraße und Spandauer Forst sowie zwischen Havel und Falkensee nehmen. Die Anlagen seien begutachtet worden; zudem sei aus jedem Brunnen eine Probe gezogen. Auch die Rohre wurden untersucht. Das Material soll nach Angaben von Stadträtin Daniela Kleineidam (SPD) im Landeslabor Berlin-Brandenburg untersucht werden. Dass jetzt noch verunreinigtes Wasser in großen Mengen fließe, hält man bei den Wasserbetrieben für unwahrscheinlich, weil eben nur noch gechlortes Wasser ins Netz gelangt. Erfahrungsgemäß sei das Wasser im Netz durch den Verbrauch nach einem Tag ausgetauscht. Sollte sich herausstellen, dass es doch noch Verunreinigungen gibt, würden die Rohre mit Druck ausgespült.
Die Wasserqualität in Berlin wird nach Angaben der Wasserwerke jeden zweiten Tag kontrolliert. Dies sei häufiger als die Trinkwasserverordnung es vorschreibe, sagte Wasserbetriebe-Sprecher Beck. Proben würden dabei nach der Entnahme aus den Brunnen und auch im sogenannten Reinwasserspeicher entnommen. Die koliformen Bakterien seien am Donnerstag in beiden Bereichen festgestellt worden, weshalb die Experten vermuten, dass die Ursache bei den Brunnen zu finden sein wird. Da das Berliner Grundwasser, aus dem das Trinkwasser gewonnen wird, als sehr sauber gelte, reiche der Rhythmus für die Kontrollen aus, sagte Beck. In diesem Zeitraum könne allerdings bei einem Schaden verunreinigtes Wasser bis in die Wohnungen gelangen. Wer jetzt aus dem Urlaub zurückkomme, sollte das in den Rohren gestaute Wasser zunächst mehrere Minuten lang ablaufen lassen, rät das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). Verunreinigtes Wasser aus einem Werk könne sich zwischen den Kontrolltagen nicht im gesamten Netz verbreiten, da die Stadt aus neun Wasserwerken gleichzeitig versorgt werde. In Berlins Südosten hatte es vor Jahren einen ähnlichen Fall mit kolibakterienverkeimten Brunnen gegeben. Die Experten werden nun wohl auch prüfen, ob es Zusammenhänge gibt mit den jüngsten Verunreinigungen in Potsdam.
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