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Frühjahrsdürre in Brandenburg: Trockene Feuchtwiesen
Es drohen magere Zeiten für Störche: Weil es seit Wochen nicht regnet, finden Frösche keine Laichgebiete mehr und droht den Jungstörchen Nahrungsmangel. Besonders trocken ist es im Landesnorden, wo schon jetzt ein Teil der Ernten in Gefahr ist.
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Meyenburg/Potsdam - Es ist die vage Hoffnung auf die erlösende Nachricht, die Matthias Habermann seit einigen Wochen jeden Morgen an seinen Computer treibt. Noch vor Dienstbeginn ruft der Ordnungsamtleiter von Meyenburg (Prignitz) zuhause im Internet die gängigen Wetterinformationsportale auf, sucht nach Anzeichen für dunkle Wolken, die der ausgedörrten Region im Nordwesten Brandenburgs den segenspendenden Regen bringen könnten. Doch alles, was die Wetterexperten zu bieten haben, ist blauer Himmel und strahlender Sonnenschein. „Seit mehr als vier Wochen warten wir sehnsüchtig auf Regen“, berichtet Habermann. In den nahen Wäldern gelte mittlerweile die höchste Waldbrandwarnstufe, die Rasenflächen in Meyenburg und den anderen Ortschaften in der Umgebung seien bereits braun und das Getreide auf den umliegenden Feldern gelb. „Zwei der rund 20 jungen Bäume, die wir im vergangenen Jahr gepflanzt haben, sind bereits eingegangen“, sagt der Ordnungsamtschef. Vom satten, jungen Mai-Grün keine Spur mehr - stattdessen Farben wie im Hochsommer.
Wie Meyenburg ergeht es derzeit vielen Kommunen in Deutschland. Angaben des Deutschen Wetterdienstes zufolge sind in den vergangenen zweieinhalb Monaten bundesweit gerade einmal 25 Prozent der Niederschlagsmenge gefallen, die die Experten als langjährigen Mittelwert für das Frühjahr ermittelt haben. Am trockensten ist es momentan an der niedersächsischen Nordseeküste. In Cuxhaven etwa seien seit Anfang März gerade einmal zwölf Prozent der durchschnittlichen Regenmenge gefallen, so die Wetterexperten. Der Deutsche Bauernverband warnt deshalb bereits mit Blick auf die diesjährige Ernte vor zu großen Erwartungen. Die Trockenheit der zurückliegenden Wochen habe die Pflanzenentwicklung beeinträchtigt, heißt es in einer Erklärung. „Es steht auf der Kippe. Sollte es demnächst nicht regnen, können wir die Kartoffeln, den Mais und die Zuckerrüben vergessen“, glaubt auch Holger Brantsch, Sprecher des brandenburgischen Landesverbandes.
Dabei sieht es für das Land Brandenburg zumindest im Ländervergleich noch recht gut aus. Immerhin 40 Prozent Regen des langjährigen Bundesmittels sind gefallen. Beim näheren Hinsehen jedoch zeigt sich ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Während die Lausitzstadt Cottbus mit 50 Prozent noch über dem aktuellen Landesschnitt liegt, fiel in Potsdam mit 39 Prozent bereits leicht weniger Regen als zuletzt durchschnittlich im Land. Je nördlicher man kommt, desto trockener wird es: Für Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) hat der Deutsche Wetterdienst noch 35 Prozent ermittelt und für Lenzen in der Prignitz, gut 60 Kilometer südwestlich von Meyenburg, sogar nur 23 Prozent. „Dazu ist es noch in einigen Regionen rund vier Grad zu warm für diese Jahreszeit. Das hat zur Folge, dass die Verdunstung teilweise sehr stark ist. Etwa fünf bis sieben Liter pro Quadratmeter am Tag“, berichtet Gerhard Lux, Diplom-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst.
Zu schaffen macht der Wassermangel unterdessen nicht nur den Pflanzen, auch für die Tierwelt zeichnen sich ernste Folgen ab. Weil einigen Amphibienarten die Laichgebiete austrocknen, könnte den Störchen bald die Nahrung für ihren Nachwuchs ausgehen. „Alles was noch im Frühjahr an Flächenwasser auf den Feuchtwiesen stand ist mittlerweile weg. Alle Reserven der Winterniederschläge sind so gut wie aufgebraucht“, berichtet Norbert Schneeweiß, Leiter Naturschutzstation Rhinluch im Storchendorf Linum (Ostprignitz-Ruppin). Bis zu 18 Storchenpaare nisten jährlich in dem kleinen Ort nahe der Autobahn in Richtung Hamburg und Rostock. „Für Amphibien wie die Rotbauchunke und die Kreuzkröte ist gerade Laichzeit. Mit dem Austrocknen der flachen Wasserstellen sterben auch die Kaulquappen ab. Damit fehlt für die Jungstörche die Nahrung“, erläutert Schneeweiß. Sollte es in den kommenden zwei Wochen nicht ausgiebig regnen, könnte sich das negativ auf die Storchenpopulation auswirken, schätzt der Fachmann. „Das ist wirklich eine außergewöhnliche Situation.“
Viel Hoffnung kann Diplom-Meteorologe Gerhard Lux den kommunalen Ordnungsämtern, Landwirten und Naturschützern derzeit aber nicht machen. „Eigentlich brauchen wir mal zwei Tage lang einen richtigen Landregen und dann eine kleine Pause, damit das Erdreich das Wasser aufnehmen kann. Anschließend müsste es wieder regnen. Aber danach sieht es momentan leider nicht aus“, sagt Lux. Zwar seien zum Ende der Woche Gewitter zu erwarten, doch ob es tatsächlich überall Niederschläge gebe, bleibe abzuwarten.
Matthias Habermann klammert sich trotzdem an die vage Aussicht auf etwas Regen. Einmal pro Woche rücken seine Mitarbeiter aus, um die jungen Bäume zu wässern, die der Trockenheit bisher standgehalten haben. Normalerweise müsse zu dieser Jahreszeit noch gar nicht gewässert werden, berichtet der Meyenburger Ordnungsamtleiter. „Vielleicht bekommen wir ja doch noch ein paar Niederschläge.“
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