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Von Alexander Fröhlich: „Troie germanische Grüße“ in die Zelle

Templin-Mord: Angeklagte schickten sich Briefe mit SS-Runen / Urteilsverkündung für den 5. Mai geplant

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Neuruppin - Selbst in Untersuchungshaft halten sie trotz Mordanklage an ihrer rechtsextremistischen Ideologie fest und schicken sich „troie germanische Grüße“ in ihrer „Feldpost“. Gegen Christian W. (22) und Sven P. (19) will die erste große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin nun am 5. Mai ein Urteil verkünden. Sie sollen im Juli 2008 den 55-jährigen Agrartechniker Bernd K. in Templin in einem Gewaltexzess ermordet haben. Die Anklage sieht die Gesinnung der beiden als Tatmotiv. Und die haben die Angeklagten keineswegs abgelegt, wie aus ihren Briefen hervorgeht.

Die Strafkammer hatte die Zellen der beiden am 1. April durchsuchen lassen, nachdem der Verteidiger von Sven P. mit einem Antrag nachweisen wollte, dass die jungen Männer nicht befreundet seien und W. nur die Schuld auf seinen Mitangeklagten schieben will. Der Grund: W. hatte P. kurz nach der Tat bei der Polizei schwer belastet, seither galt P. als Haupttäter.

Die Strategie der Verteidigung schlug aber fehl: Sie hatte bislang eine rechtsextremistische Gesinnung und ein entsprechendes Motiv für den Mord bestritten. Gegen die Leibesvisitation bei der Razzia in seiner Zelle hatte sich W. zur Wehr gesetzt.

Die Briefe, verfasst in mäßiger Grammatik und gestern vom Vorsitzenden Richter Gerd Wegner verlesen, zeugen von einer Freundschaft zweier Außenseiter, die im Rechtsextremismus und in ihrer „treuen Kameradschaft“ Halt gefunden haben. Sie warten „auf Feldpost wie ein Soldat auf Munition“, gegen die Lügenpresse wollen sie sich mit Klagen zur Wehr setzen, hetzen gegen die linke Antifa, grüßen sich mit „Front Heil“ und verzieren das Papier mit SS-Runen. Dann wiederum wundern sie sich, dass sie als „die schlimmsten Schläger von Templin“ dargestellt werden. Wir sind immer nur die bösen Neonazis, wie wir wirklich sind, interessiert keinen“, schrieb P. noch im Januar. Und der Prozess sei ein „abgekartetes Spiel“, glaubt W., weil man einen Grund für die Mordanklage brauche, sei ein rechtsextremistischer Hintergrund der Tat erdacht worden. Allerdings verfallen sie immer wieder in das übliche Muster straffälliger Neonazis, wenn sie schreiben: „Nicht wir sind es, wovor sie Angst haben, sondern unser Glauben.“

Im Gefängnis kennen die Angeklagten übrigens zahlreiche Inhaftierte, wie aus den Schreiben hervorgeht. So gab es auch einen Briefwechsel zwischen P. und Sebastian F., der 2002 als 17-Jähriger an dem bestialischen Mord von Potzlow an Marinus Sch. in der Uckermark beteiligt war.

Nach dem gestrigen Prozesstag steht auch fest, dass niemand anderes für den Mord an Bernd K. verantwortlich gemacht werden kann. Die Verteidigung hatte einen Bewohner des Templiner Obdachlosenheims ins Spiel gebracht, der die Leiche gefunden hatte, und eine weitere Untersuchung der Spuren durch das Landeskriminalamt verlangt. Das Gutachten zeigt nun: einen dritten Täter gab es nicht, nur Christian W. und Sven P. kommen infrage.

Auf das Urteil hat sich P. zumindest eingestellt. Er schrieb: „Mein Anwalt hat gesagt, dass ich mit sieben bis acht Jahren rechnen kann.“

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