Brandenburg: Überlastet – geurteilt wird auch samstags Prozess um tödlichen Bankraub in Meyenburg
Neuruppin - Die Arbeitsbelastung an brandenburgischen Gerichte führt mittlerweile schon zu Wochenendarbeit von Richtern, Justizangestellten und Staatsanwälten. Wegen Überarbeitung musste gestern die erste große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin die Urteilsverkündung im Indizienprozess wegen eines Raubmordes in Meyenburg (Prignitz) vor 17 Jahren auf einen Samstagmorgen verlegen.
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Neuruppin - Die Arbeitsbelastung an brandenburgischen Gerichte führt mittlerweile schon zu Wochenendarbeit von Richtern, Justizangestellten und Staatsanwälten. Wegen Überarbeitung musste gestern die erste große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin die Urteilsverkündung im Indizienprozess wegen eines Raubmordes in Meyenburg (Prignitz) vor 17 Jahren auf einen Samstagmorgen verlegen. „Dies ist eine absolute Ausnahme, aber es geht nicht anders", so der Vorsitzende Richter Gert Wegner. Denn im kommenden Monat sei seine Kammer mit gleich fünf Prozessstarts völlig überlastet. „Es gibt praktisch keinen normalen Arbeitstag, wo die erste große Strafkammer nicht in Verhandlungen und deren direkten Vorbereitungen steckt", so Gerichtssprecherin Iris le Claire auf PNN-Anfrage.
Darum sah sich Wegner gezwungen, am 9. Februar, einem Samstag, das Urteil im Raubmordprozess von Meyenburg zu fällen. Angeklagt ist ein 45-jähriger Mann aus Uelzen (Niedersachsen). Ihm wird vorgeworfen, 1991 zusammen mit einem Komplizen die Sparkasse in Meyenburg (Prignitz) überfallen zu haben. Dabei wurde aus nächster Nähe ein städtischer ABM-Arbeiter von den Räubern auf ihrer Flucht erschossen – das Todesopfer bei einem Banküberfall in den neuen Bundesländern.
Am gestrigen Verhandlungstag plädierte die Staatsanwaltschaft auf lebenslange Freiheitsstrafe für Klaus S., einen der Raubmörder – sein damaliger Komplize ist bereits verstorben. Die Verteidigung forderte aus Mangel an Beweisen einen Freispruch.
Aufgrund der Indizienlage, so Staatsanwalt Thorsten Sauermann, sei bewiesen, dass Klaus S. zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Manfred M. die Sparkasse am 17.Januar 1991 überfallen hat. Während der kleinere der maskierten Täter laut Zeugenaussagen in den Tresorraum der damals noch fast ungesicherten Bank stürmte und dort 11 000 DM erbeutete, blieb der größere Täter im Schalterraum. Beide waren mit Pistolen bewaffnet. Indiz Nummer eins, laut Staatsanwaltschaft: Der Größere habe den Kleineren mit Manni angesprochen. Weiter: Eine Zeugin hätte die Haarfarbe des Größeren erkannt. Und: Im Fluchtfahrzeug wurden Fingerabdrücke und eine Maske mit DNA-Material von Klaus S. gefunden. Das alles sei zu viel für einen Zufall, so die Ankläger, sondern beweise die Tatbeteiligung des Angeklagten. Der Abgleich mit der bundesweiten DNA-Analyse-Datei habe das Genmaterial Jahre später eindeutig S. zugeordnet.
Die Verteidigung führte dagegen an, dass Klaus S. im Vorfeld des Raubmordes einem Räuber nur die Funktionsweise der Maske demonstriert habe. Außerdem hat der 45-Jährige nur das Fluchtauto „besorgt" und Manfred M. zur Verfügung gestellt. Darum seien die Fingerabdrücke im Auto gefunden worden. Wie die Strumpfmaske in den Kofferraum gekommen sei, wisse man nicht. Klaus S. bestritt jegliche Tatbeteiligung.
„Ich sehe das anders: Klaus S. ist wegen Bankraubs vorbestraft. Es spricht sehr viel dafür, dass er dabei war“, sagte Staatsanwalt Sauermann nach der Verhandlung. Bei S. sei eine Pistole gefunden worden, die kalibermäßig zu Spuren am Sparkassengebäude in Meyenburg übereinstimmten. Zudem sei der angeklagte mit M. gut bekannt gewesen. „Leider kann man Manfred M. heute nicht mehr befragen, er ist seit 17 Jahren tot. Die Indizien deuten ganz klar auf Klaus S. als Mittäter“, so der Staatsanwalt. Zwar habe – so wie sich der Sachverhalt ihm darstelle - M. die tödlichen Schüsse auf den Wachmann abgegeben. Der Mord sei aber S. als Mittäter mit zuzurechnen, der um die Brutalität seines Komplizen gewusst und sei wie der mutmaßliche Todesschütze mit einer Pistolen bewaffnet gewesen. Georg-Stefan Russew
Georg-Stefan Russew
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