INTERVIEW: „Um fünf Uhr fahren wir mit dem Traktor nach Berlin“
Herr Palme, 10 000 Bauern aus Deutschland werden am Samstag zur Demonstration unter dem Motto „Wir haben es satt“ in Berlin erwartet. Viele kommen mit Traktoren – um 9 Uhr ziehen sie vom Ostbahnhof zum Potsdamer Platz und durchs Regierungsviertel zum Kanzleramt.
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Herr Palme, 10 000 Bauern aus Deutschland werden am Samstag zur Demonstration unter dem Motto „Wir haben es satt“ in Berlin erwartet. Viele kommen mit Traktoren – um 9 Uhr ziehen sie vom Ostbahnhof zum Potsdamer Platz und durchs Regierungsviertel zum Kanzleramt. Sie kommen aus der Uckermark. Wie lange dauert eine Traktor-Fahrt nach Berlin?
Vom Gut Wilmersdorf bei Angermünde sind es gut 90 Kilometer. Da ich nicht auf der Autobahn fahren darf, bin ich drei Stunden unterwegs.
Allein?
Nein, aus meinem Betrieb kommt noch ein Kollege mit. Zwei weitere Traktoren machen sich aus dem Nachbardorf auf den Weg. Um fünf Uhr in der Frühe ist gemeinsame Abfahrt.
Und warum machen Sie das?
Ich ärgere mich sehr über die Benachteiligung von uns Bio-Bauern durch die Politik und den Deutschen Bauernverband. Wenn wir jetzt nichts ändern, geht es der ganzen Bio-Branche an den Kragen.
Reicht die Nachfrage nach Bio-Produkten nicht aus?
Doch, die Zuwachsraten sind enorm. Allerdings importiert Deutschland den größten Teil der Premiumprodukte der Landwirtschaft, statt die regionalen Märkte zu stärken. Seit Jahren verharrt der Flächenanteil der Öko-Landwirtschaft in Brandenburg bei zehn Prozent.
Woran liegt das?
Ein Sportler ohne Doping erzielt in der Regel bedeutend höhere Leistungen als ein Athlet ohne unterstützende Substanzen. Die Bio-Branche will und muss ohne Chemie auskommen und erzielt gegenüber der konventionellen Landwirtschaft geringere Erträge. Dafür brauchen wir einen finanziellen Ausgleich. Derzeit bekommen alle aber die gleichen Subventionen.
Warum brauchen wir unbedingt eine einheimische Bio-Branche?
Damit wir Folgen einer Monokultur, wie wir das gerade beim Mais erleben, vermeiden. Die Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt nimmt sonst Schaden, wie wir das in unserem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin feststellen müssen. Leider erzielen immer größer werdenden Agrargesellschaften ihre kurzfristigen Gewinne auf Kosten der Natur. Außerdem verschwinden immer mehr dörfliche Strukturen, wenn nur noch Großbetriebe überleben.
Was erhoffen Sie sich von der Demo?
Aufmerksamkeit für die Sorgen der Bio-Branche, die unser Land betreffen. Wir fordern bessere finanzielle Unterstützung, damit sich wieder mehr konventionelle Betriebe für die Bio-Branche entscheiden.
Die Fragen stellte Claus-Dieter Steyer
Stefan Palme, 49,
ist Bauer in der Uckermark
und einer von
bis zu 10 000
Landwirten,
die nach Berlin
fahren.
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