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Brandenburg: Unbeugsam

Landgericht verhandelt über Morddrohung gegen Bürgermeister. Der zeigt sich unbeeindruckt

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Bernau/Frankfurt (Oder) - Bernaus Bürgermeister André Stahl (Linke) gibt sich in seinem Engagement für Flüchtlinge trotz einer offenen Morddrohung unbeeindruckt. „Man muss zusehen, so etwas nicht zu ernst zu nehmen, sonst wird man in seiner Arbeit beeinträchtigt“, sagte der studierte Jurist. Der Prozess um eine gegen Stahl gerichtete Wandschmiererei geht derweil in eine neue Runde. Ende August muss sich ein 34-Jähriger in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) verantworten, weil er am 17. Oktober vergangenen Jahres unter anderem den Spruch „Erst Henriette Reker, dann André Stahl“ an die Wand eines Bernauer Autohauses Wand gesprüht hatte.

Die Schmiererei wurde allgemein als offene Morddrohung gegen Stahl verstanden, weil der Spruch einen direkten Bezug zur Messerattacke eines Rechtsradikalen auf die heutige Kölner Oberbürgermeisterin Reker (parteilos) herstellte. Das Amtsgericht Bernau sah es genauso: Der dem rechten Spektrum nahestehende und ausländerfeindlich eingestellte Angeklagte habe deutlich machen wollen, dass auch der Bürgermeister der Stadt Bernau Opfer einer Messerattacke werden solle. Der 34-Jährige wurde deshalb im Januar zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat der Mann Berufung eingelegt.

Die Bernauer Sprühaktion hatte sich kurz nach dem Attentat auf Reker ereignet. Ein Rechtsradikaler stach bei einem Wahlkampfauftritt auf die Lokalpolitikerin mit einem Messer ein und brachte sie fast um. Als Motiv nannte der Messerstecher Rekers Flüchtlingspolitik.

„Ich halte es nach wie vor richtig, dass eine Stadt wie Bernau versucht hat, Flüchtlinge angemessen und vernünftig unterzubringen“, betonte Bürgermeister Stahl. Und das sollte auch gelingen, denn die Stadt am nordöstlichen Ende Berlins verfüge bei knapp 40 000 Einwohnern gerade einmal über 300 Flüchtlinge. „Das ist weniger als ein Prozent der Bevölkerung.“ Wegen der guten wirtschaftlichen Situation Bernaus sollte „die Kirche im Dorf gelassen werden“. Hier habe keiner zu irgendeinem Zeitpunkt wegen der Flüchtlinge auf irgendetwas verzichten müssen.

Leute wie der 34-Jährige seien nicht gefährlich, meinte Stahl. „Gefährlich ist aber das Klima, das sie mit ihren Schmierereien erzeugen, dass sich womöglich andere zu Taten legitimiert fühlen, die nicht vorherzusehen sind.“ Und so etwas sollte drastisch verfolgt werden, um deutlich zu machen, wo eine politische Auseinandersetzung endet.

Stahl weiter: „Da kann sich jemand gerne in der Bürgerversammlung hinstellen, kann mit mir den Disput suchen und mich auch beschimpfen. Die Grenze ist aber erreicht, wo aus der Anonymität Drohungen gegen Personen ausgestoßen werden.“ dpa/PNN

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