Brandenburg: Unterlassene Hilfeleistung
Nach Tod von Dennis: Behörden im Visier der Staatsanwaltschaft / Suche nach weiteren Fehlern bei Einschulung
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Nach Tod von Dennis: Behörden im Visier der Staatsanwaltschaft / Suche nach weiteren Fehlern bei Einschulung Cottbus/Potsdam - Im Fall des toten Dennis in Cottbus prüft die Staatsanwaltschaft nun die Aufnahme von Ermittlungen gegen Behördenmitarbeiter. Das berichtete das Münchener Nachrichtenmagazin „Focus“ am Sonntag. Es bestehe der Verdacht auf unterlassene Hilfeleistung, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Cäcilia Cramer-Krahforst dem Magazin. Inzwischen kündigte der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ingo Senftleben, an, gegenüber dem Cottbuser Schulamt und dem Bildungsministerium von seinem Akteneinsichtsrecht Gebrauch zu machen, wie ein Fraktionssprecher betonte. Der Landtagsabgeordnete wolle Näheres über die Verantwortung für den Tod von Dennis wissen. Das Jugendamt hatte sich regelmäßig mit Angaben der Mutter über Dennis'' vermeintlichen Klinikaufenthalt zufrieden gegeben. Das Schulamt hatte weder Gesundheits-Check noch Atteste verlangt. Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) hatte Anfang dieser Woche im parlamentarischen Jugendausschuss in Potsdam hervorgehoben, die Arbeit der Cottbuser Behörden sei fachlich problematisch gewesen und rechtlich zu beanstanden. Mit Blick auf das staatliche Schulamt unterstrich der Minister: „Es hat Versagen und Versäumnisse“ gegeben. Dies werde disziplinarrechtliche Folgen haben, so Reiche. Dennis war am 21. Juni tot in der Tiefkühltruhe seiner Eltern gefunden worden. Den bisherigen Ermittlungen zufolge starb der 1995 geborene Junge bereits im Dezember 2001. Er war damals stark unterernährt. Ebenfalls 2001 hätte Dennis erstmals die Schule besuchen sollen. Die Eltern brachten den Jungen aber weder zur ärztlichen Voruntersuchung noch zur Schule. In der Familie lebten damals insgesamt acht Kinder. Um die Nachlässigkeit der Behörden zu belegen, zitiert das Magazin aus einem Brief der zuständigen Grundschulleiterin. Am 1. Juli 2002 schrieb diese an die Eltern von Dennis: „Ich freue mich, dass Ihr Kind nach Abschluss des Aufnahmeverfahrens als schulreif eingeschätzt wurde“. Zu diesem Zeitpunkt war der Junge jedoch schon mehr als ein halbes Jahr tot. Die Brandenburger Schulämter suchen nach Worten des Sprechers des Bildungsministeriums, Thomas Hainz, nach ähnlichen Fällen, in denen Kinder ohne entsprechende Belege von der Einschulung zurückgestellt wurden. Die Ergebnisse der Überprüfung, ob alle Schüler bei der Einschulung korrekt registriert worden seien, werde in der letzten Ferienwoche vorliegen, kündigte Bildungsstaatssekretär Martin Gorholt an. Das Amtsgericht hatte am Donnerstag die Haftbefehle gegen die 43-jährige Mutter und den 37-jährigen Vater von Dennis ohne weitere Auflagen aufgehoben. Eine Beschwerde der Cottbuser Staatsanwaltschaft gegen deren Entlassung aus der Haft läuft aber und wird Anfang der Woche geprüft. Gegen die Eltern wird wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen ermittelt.
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