Brandenburg: „Unzumutbare Rumeierei“
Bombodrom-Streit: Bundeswehrverband regt Verzicht an / Behm: Pleitenserie auf Steuerzahlerkosten
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Potsdam/Berlin/Bonn - Zwei Tage nach der Niederlage vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht ist das Bundesverteidigungsministerium gestern weiter unter Druck geraten. Der Bundeswehrverband, die Interessenvertretung der Soldaten, forderte „endlich Klarheit für alle Seiten – auch für die Bundeswehr“. Das Ministerium müsse sich nach 22 verlorenen Prozessen überlegen, wie weit man noch prozessieren will, sagte das im Bundeswehrverband für die Luftwaffe zuständige Vorstandsmitglied Hartmut Schönmeyer gestern in Bonn den PNN. „Diese Rumeierei seit 14 Jahren ist keiner Seite mehr zuzumuten – auch der Bundeswehr und besonders den Bundeswehrangehörigen vor Ort nicht“, so Schönmeyer weiter.
Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte am Dienstag drei Musterklagen von Bombodrom-Gegnern stattgegeben und die Betriebserlaubnis des Verteidigungsministeriums aufgehoben. Gegen die Entscheidung ist eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht möglich. Das Verteidigungsministerium will wie berichtet zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor es über das weitere Vorgehen entscheidet. Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) und die Bundesregierung hatten im Vorfeld des Prozesses angedeutet, bei einer Niederlage nicht weiter zu prozessieren.
Bundeswehrverband-Vorstand Schönmeyer sagte, zwar ziehe er die Position Ministeriums, dass die Luftwaffe das etwa 14 000 Hektar große Areal bei Wittstock zum Üben benötige und die beiden anderen westdeutschen Luft-Boden-Plätze überlastet seien. „Wenn das Ministerium zu diesem Schluss gekommen ist, dann ist das so“, so Schönmeyer. Gleichzeitig verwies er aber auf die Strukturplanung des Ministeriums. Habe die Luftwaffe Anfang des Jahrtausends noch über 700 Kampfflugzeuge verfügt sei mittelfristig ein Abbau auf weniger als 300 geplant, so Schönmeyer gegenüber den PNN. Und bisher sei die Luftwaffe auch ohne den Platz bei Wittstock ausgekommen. Aus Sicht des Bundeswehrverbandes wäre ein Verzicht auf das Bombodrom unproblematisch. Die „Hochwertausbildung“ der Piloten finde ohnehin in den USA statt. Weitere Möglichkeiten gebe es auf Sardinien und ein aufgegebener Übungsstandort auf Neufundland könne erneut genutzt werden.
Schönmeyer verwies auch auf die enormen Gutachter- und Prozesskosten, die dem Bund durch die vielen Prozesse bereits entstanden seien und im Falle weiterer Klagen noch entstehen würden.
Angesichts dieser Kosten warf die brandenburgische Grünen-Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm der Bundeswehr gestern Steuerverschwendung vor. Die endlose Pleitenserie vor Gericht habe die Deutschen bereits einige hunderttausend Euro aus dem Steuertopf gekostet. Die reinen Prozesskosten hätten schon im Mai des vergangenen Jahres rund 370 000 Euro betragen. Dazu kämen noch die Kosten für ein im Juli 2007 vorgelegtes externes Lärmgutachten sowie Gebühren für Rechtsanwälte und Gerichtskosten.
Nur der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sprang gestern offiziell dem Verteidigungsministerium bei: „Das Ministerium hat recht, wenn es auf die Qualität des Standortes verweist.“ Mit dem Bombodrom ließen sich auch die teuren Übungen im Ausland reduzieren.
Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck hat wie angekündigt mit seinem Amtskollegen aus Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff (beide SPD), an Jung geschrieben und die Aufgabe der Pläne für das Bombodrom gefordert. Regierungssprecher Thomas Braune sagte, der Brief sei am Mittwoch in die Post gegangen. (mit ddp, dpa)
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