INTERVIEW: „Verantwortlich ist die Landesregierung“
Herr Wolter, stellt der zunehmende Landhunger von Investoren für die brandenburgischen Landwirte eine Bedrohung dar?Ja, in unterschiedlicher Weise – je nachdem, wie die Landwirte mit Flächen ausgestattet sind.
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Herr Wolter, stellt der zunehmende Landhunger von Investoren für die brandenburgischen Landwirte eine Bedrohung dar?
Ja, in unterschiedlicher Weise – je nachdem, wie die Landwirte mit Flächen ausgestattet sind. Angenehm ist es auf keinen Fall, dass die Herren mit den ganz großen Brieftaschen unterwegs sind und Land kaufen oder sich über Beteiligungen in Agrarbetriebe einkaufen, die dann wiederum, mit frischem Kapital ausgestattet, Flächen erwerben.
Welche Folgen erwarten Sie für die Strukturen der Landwirtschaft in Brandenburg?
Zunächst ändern sich die Eigentumsverhältnisse. Wenn die Investoren wieder an denselben Pächter verpachten, geht nur der Pachtzins weg. Wenn sie aber in Agrarbetriebe einsteigen, bedeutet das, dass die komplette Wertschöpfung aus dem ländlichen Raum rausgesaugt wird. Das schwächt strukturschwache Regionen zusätzlich. Wir haben viele Jahre vor einem Ausverkauf der brandenburgischen Landwirtschaft gewarnt und wurden ausgelacht. Jetzt findet er statt.
Wer ist aus Ihrer Sicht verantwortlich für diesen Ausverkauf?
Verantwortlich ist die Agrarpolitik der Landesregierung, die immer nur auf die LPG-Nachfolger gesetzt hat. Herr Platzeck ist ja noch heute stolz auf die riesigen Agrarbetriebe im Land. Genau diese sind aber das bevorzugte Ziel der Investoren, allein schon aufgrund ihrer Größe und Rechtsform, oft aber auch, weil sie nicht wirtschaften können. Unsere leistungsfähigen bäuerlichen Familienbetriebe lassen sich dagegen nicht so leicht übernehmen. Sie erwirtschaften die höchsten Gewinne, zahlen die meisten Steuern und beschäftigen die meisten Arbeitskräfte pro Hektar. Und sie sind in ihrer Heimat verwurzelt.
Welche Möglichkeiten haben Bauern in Brandenburg, sich gegen die finanzkräftigen Investoren zu behaupten?
Regional und individuell wird es unterschiedliche Strategien geben. In den vergangenen Jahren haben viele unserer Mitglieder gekauft, und das war richtig. Wo wir jetzt preislich nicht mehr mithalten können, wird der persönliche Kontakt zu den Verpächtern noch größere Bedeutung gewinnen. Dabei ist es relativ leicht zu vermitteln, dass ihr Land eine Sicherheit darstellt, die man nicht ohne Not verkaufen sollte. Schwerer zu vermitteln ist ein angemessener Pachtzins, vor allem wenn die Konkurrenz mit Kampfpreisen arbeitet. Ich erkläre meinen Verpächtern, wie ich wirtschafte und die Flächen in gutem Zustand erhalte. Andere wirtschaften anders, insbesondere bei Biogasmais werden die Böden regelrecht ausgeplündert. Pacht ist Vertrauenssache, hier sehe ich unsere Chance.
Lässt sich der Ausverkauf aus Ihrer Sicht stoppen?
Der Bauernbund fordert seit langem Obergrenzen für Agrarsubventionen und den Verkauf der bundeseigenen BVVG-Flächen ausschließlich an ortsansässige Landwirte. Damit lässt sich der Ausverkauf sicher nicht völlig stoppen, aber man braucht ihn ja zumindest nicht noch agrarpolitisch zu begünstigen. Den Rest muss der Markt regeln. Das hat es auch früher schon gegeben, dass sich Fabrikanten oder Offiziere zur Geldanlage Güter gekauft haben. Am Ende mussten sie wieder abgestoßen werden. Wir Bauern sind einfach besser.
Das Gespräch führte Matthias Matern
Bringfried Wolter (52) ist Vizepräsident des Bauernbundes Brandenburg und bewirtschaftet einen Betrieb mit Ackerbau, Spargel, Damwild und Wald im Kreis Barnim.
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