zum Hauptinhalt

Brandenburg: Verbände: Land versagt bei Aufarbeitung der Bodenreform-Affäre Anwalt der Opfervereinigungen sieht weiterhin Rechtsbruch / Erbenermittler sollen eingesetzt werden / Kritik von der Opposition

Potsdam - In der seit Ende 2007 brodelnden Bodenreform-Affäre haben Opferverbände der Landesregierung Untätigkeit vorgeworfen. Die rot-rote Regierung mauere und wolle das Problem offenbar aussitzen, kritisierte Rechtsanwalt Thorsten Purps am Montag in Potsdam.

Stand:

Potsdam - In der seit Ende 2007 brodelnden Bodenreform-Affäre haben Opferverbände der Landesregierung Untätigkeit vorgeworfen. Die rot-rote Regierung mauere und wolle das Problem offenbar aussitzen, kritisierte Rechtsanwalt Thorsten Purps am Montag in Potsdam. Purps berät die Arbeitsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) sowie die Union der Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) in Fragen der Bodenreform-Affäre. Es sei ein „verheerender Makel“ der deutschen Wiedervereinigung, dass es noch immer offene Vermögensfragen gebe, betonte Purps. Insbesondere in Brandenburg sei das ein Thema. Auch CDU und Grüne sehen die rot-rote Landesregierung in der Pflicht zur Aufklärung.

Das Land hatte bis zum Ablauf einer Verjährungsfrist am 2. Oktober 2000 in 10 000 Fällen Bodenreformland an sich selbst übertragen, weil für die Flächen keine Erben bekannt waren. Der Bundesgerichtshof (BGH) bezeichnete diese Praxis im Dezember 2007 als sittenwidrig. Das Land hatte sich nach dem Urteil in Tausenden Fällen zu Unrecht als Eigentümer in die Grundbücher eintragen lassen. In der Konsequenz wollte das Land Berichtigungen der Grundbücher erwirken.

Wie das Finanzministerium am Montag auf Anfrage mitteilte, hat das Land bis 30. September 2714 Anträge auf eine Grundbuch-Korrektur gestellt. Davon wurden bislang mehr als 2200 genehmigt. In diesen Fällen wurde das Land im Grundbuch gestrichen und aufgrund der unbekannten Erben ein Treuhänder benannt. Im Falle inzwischen bekannt gemachter Erben gab es mittlerweile 391 Rückübertragungen von Grundstücken. 90 Fälle sind den Angaben zufolge noch in Bearbeitung. Insgesamt rechnet das Finanzministerium mit rund 480 Anträge von möglichen Erben.

Purps warf dem Land vor, die Ermittlungen von Erben zu verschleppen. Das Angebot, professionelle Erbenermittler einzusetzen, habe das Land bislang abgelehnt. Dabei würden dem Land durch die Ermittler keine Kosten entstehen, denn diese müssten die Erben übernehmen. Die Erfolgsquote der Erbenermittler liege bei 70 bis 80 Prozent, sagte Purps. Das Land habe bislang lediglich 400 bis 600 von mehr als 10 000 Einzelfällen endgültig aufgeklärt.

Bei den Bodenreform-Fragen geht es laut Purps um ein Finanzvolumen von rund 90 Millionen Euro. Insgesamt gehe es um 18 000 Hektar Land. Es sei ein eindeutiger Rechtsbruch, dass die Landesregierung bislang keine Wiedergutmachung betrieben habe. „Das klage ich an“, sagte der Experte. Das Vorgehen Brandenburgs sei ein Beispiel dafür, dass die deutsche Wiedervereinigung auch 20 Jahre nach ihrer offiziellen Besiegelung weiter ausgestaltet werden müsse.

Purps forderte die Landesregierung auf, alle Daten offen zu legen, Erbenermittler einzuschalten und die Erbensuche durch Einträge im Bundesanzeiger zu erleichtern. CDU-Fraktionsvize Dieter Dombrowski unterstützte die Forderungen. Das Land sei in der Pflicht, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für eine möglichst umfassende Aufklärung des begangenen Unrechts zu sorgen.

Bislang sei zu wenig unternommen worden, um Erben ausfindig zu machen. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte, die Regierung habe aus ihren Fehlern nicht gelernt. Der Umgang mit dem Bodenreform-Land werde von der Enquete-Kommission des Landtags zur Aufarbeitung der Nachwendezeit aufgearbeitet. Dabei werde es auch um Handlungsempfehlungen für die Erbensuche gehen.

Susann Fischer

Susann Fischer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })