Brandenburg: Vergleichsarbeiten: Minister lenkt ein
Rupprecht will Prüfungscharakter der umstrittenen Arbeiten in der 6. Klasse abschwächen
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Potsdam - Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) will den Prüfungscharakter der neuen, umstrittenen Vergleichsarbeiten in der 6. Klasse abschwächen. Zwar haben sich bei den ersten Arbeiten in Deutsch und Mathematik und Deutsch Ende 2007 die Sorgen vieler Eltern vor einer Überforderung ihrer Kinder „als unbegründet“ erwiesen, sagte Rupprecht gestern in Potsdam. Sein Beleg: Von 14 000 Sechstklässler haben nur 372 Schüler so schlechte Ergebnisse erzielt, dass ihre Noten auf dem Halbjahreszeugnis nicht für die Aufnahme auf die begehrten Gymnasien reichten. Bedingung dafür ist laut neuem Schulgesetz, dass die Zensuren in Deutsch, Mathematik und Englisch in der Summe nicht Sieben überschreiten dürfen. Die 14 000 Sechstklässler hatten bei der Deutsch-Arbeit im Landesdurchschnitt eine Note 2,6 erreicht – leicht schlechter als die Note auf ihrem letzten Zeugnis (2,4). In Mathematik, traditionell eine Schwäche märkischer Schüler, lag der Landesschnitt nur bei 3,3 – die Vornote war immerhin noch 2,7.
Trotzdem will Rupprecht nachgeben: Bislang fließen die Noten der Vergleichsarbeiten mit 40 Prozent in die Halbjahresnoten der 6. Klasse in Deutsch und Mathematik ein, so wie eine Abschlussprüfung – wogegen es breiten Widerstand von Eltern, Landesschülerrat, aber auch der Linkspartei gibt. Denn es sind die Zeugnisse, mit denen sich die Sechstklässler auf den Gymnasien, Oberschulen und Gesamtschulen im Land bewerben. „Wir denken darüber nach, die Gewichtung auf 20 Prozent zu senken“, kündigte Rupprecht nun an. Damit könnte die Akzeptanz der Arbeiten erhöht werden. Eine geringer Gewichtung fordert auch die SPD. „Die Vergleichsarbeiten geben einen guten Überblick über den Leistungsstand. Als Instrument für den Übergang zur gymnasialen Oberstufe sind sie aber nur bedingt geeignet“, sagte SPD-Vizefraktionschefin und Bildungsexpertin Klara Geywitz. Die CDU will sich dazu noch nicht festlegen, die Ergebnisse zunächst „in aller Ruhe“ mit Verbänden und Experten bewerten. Die Linkspartei drängt hingegen weiter auf Abschaffung der Vergleichsarbeiten, die ein „Instrument der Auslese“ seien.
Aber auch für die 372 Schüler (244 Mädchen, 128 Jungen), die die Vergleichsarbeiten vermasselt haben, und für Schüler, die keine Gymnasialempfehlung erhielten, sind die Messen fürs Gymnasium nicht gesungen: Sie sollen über einem „Probeunterricht“, der an 29 ausgewählten staatlichen Gymnasien angeboten wird, eine zweite Chance erhalten. Ein dreiköpfiges Lehrerteam gibt nach dem zweitägigen Probeunterricht (am 4./5. April bzw. am 11./12. April 2008) eine Empfehlung ab, ob das Kind womöglich doch geeignet ist.
Bei der Premiere der Vergleichsarbeiten in der 6. Klasse gab es noch ein auffälliges Ergebnis: Es haben sich mehr Jungen (132) als Mädchen (39) gegenüber ihren Vornoten verbessert, während sich 1302 Mädchen, aber nur 872 Jungen verschlechterten. Jungen sind, so vermutet Rupprecht, bei Prüfungen „cooler“.
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