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Brandenburg: Versorgung von Genossen vor Gericht

Personalrat des Justizministeriums klagt vor dem Verwaltungsgericht – weil Linke-Mitglieder mit Jobs abgesichert wurden

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Potsdam - Die zweifelhaften Entscheidungen des Linke-geführten Brandenburger Justizministeriums, die befristeten und hochdotierten Verträge für zwei Genossinnen ohne Einbeziehung des Personalrates zu entfristen, scheinen sich als gerichtsfest zu erweisen – zumindest vorläufig. Nach dem Gütetermin am gestrigen Dienstag vor dem Verwaltungsgericht Potsdam erging allerdings noch kein Urteil in dem Fall, der hohe Wellen schlug und den Linken den Vorwürfe der Versorgungsmentalität und Günstlingswirtschaft einbrachte.

Am Ende der Verhandlung stand der klagende Personalrat des Justizministeriums mit weitgehend leeren Händen da. Die Entfristungen der beiden Mitarbeiterinnen und Linke-Genossinnen zurückzunehmen, war seine Maximalforderung, künftig über alle anstehenden Stellenbesetzungen informiert zu werden das Minimum. Bei fast allen Forderungen des Personalrates sah Richter Fabian Eidtner allerdings keine Rechtsgrundlage und verwies auf die gefestigte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) als zweite Instanz. Soll heißen: Selbst wenn er anders entscheidet, würde das Urteil später höchstwahrscheinlich aufgehoben. Einzig zu der Frage, ob es einen allgemeinen Informationsanspruch des Personalrates gibt, habe das OVG noch nicht entschieden.

Grund für die Gerichtsverhandlung waren im Stillen getroffene Personalentscheidungen von Ex-Justizminister Helmuth Markov (Linke). Profitiert hat die früheren Büroleiterin Anne Stolpe. Inzwischen ist sie mit Best-Beurteilung – was selbst im Ministerium Irritationen auslöste – und nach einer eigens angepassten Ausschreibung als Abteilungsleiterin ins Linken-geführte Sozialministerium gewechselt. Als besonderes Geschmäckle kommt hinzu, dass sie sich nur dank der Entfristung als Abteilungsleiterin bewerben konnte. Bei der Verhandlung ging es auch um Pressesprecherin Maria Strauß. Auch ihr Arbeitsverhältnis war im Oktober 2015 von Markov entfristet worden. Beide waren 2013 bei der Neuauflage von Rot-Rot wie in der ersten Koalition ab 2009 nur befristet eingestellt worden. So sieht es auch ein Rundschreiben des Innenministeriums für jene Posten vor, die wegen eines besonderen politischen Vertrauensverhältnisses nach Wahlen meist neu besetzt werden.

Dass man bei der Entfristung von diesem Rundschreiben abgewichen ist und möglicherweise gegen die selbst gesetzten Regeln und die übliche Praxis verstoßen hat, kam vor Gericht nur kurz zur Sprache. Das war für das Gericht unter rechtlichen Gesichtspunkten ebenso wenig relevant wie die Richtlinie des Landes zur Besetzung von Arbeitsplätzen und Dienstposten, nach der freie und besetzbare Stellen auszuschreiben sind. Dies alles war nicht geschehen, weshalb sich auch keine anderen Mitarbeiter auf die hoch dotierten Stellen als Büroleiter beziehungsweise Pressesprecher bewerben konnten. Auch ein Verstoß gegen das Landesgleichstellungsgesetz monierte der Personalrat – denn für männliche Bewerber waren die Stellen ebenfalls nicht offen.

Richter Eidtner verwies auf die Regelung des brandenburgischen Personalvertretungsrechts, nach der bei Dotierungen ab A16 (aktuell ab 5246,03 Euro) der Personalrat gar nicht zu beteiligen sei. Der Informationsanspruch des Personalrats reiche nur so weit wie seine Aufgabe, verwies der Richter auf die Rechtsprechung in Potsdam. Ex-Büroleiterin Stolpe und – in Teilzeit – Pressesprecherin Strauß waren wie berichtet mit B2 (aktuell 6914,74 Euro brutto) als übertarifliche Beschäftigte in der Besoldungsgruppe B2 entfristet worden. Aus Sicht des Gerichts also keine Fälle, bei dem der Personalrat mitzubestimmen hätte.

Personalrats-Anwalt Friedhelm Koch beantragte trotz der recht eindeutigen Äußerungen des Richters einen Kammertermin, den es wegen der Arbeitsbelastung wohl erst in einem Jahr geben dürfte. Dann würde nach Scheitern der Güteverhandlung noch einmal verhandelt – allerdings mit drei Berufs- und zwei ehrenamtlichen Richtern. Andernfalls hätte der Richter allein entschieden, und der Weg in die nächste Instanz wäre frei.

Warum der Personalrat dies nicht wollte, blieb zunächst offen. Er hielt den Richter für befangen, weil der zur Hochzeit der Aufregung um die Beförderungsaffäre im Frühjahr in die für Personal zuständige Zentralabteilung 1 abgeordnet war. Der Befangenheitsantrag wurde aber abgeschmettert. Zudem hält der Personalrat auch eine grundsätzliche Klärung für nötig, wie Personalentscheidungen auf höherer Ebene überhaupt kontrolliert werden können. Zudem gibt es von den Personalräten der anderen Ressorts Unterstützung für das Vorgehen. Der Grund: In den Ministerialverwaltungen werden Posten eingespart. Durch die entfristete Besetzung mit Personal aus dem politischen Leitungsbereich fehlen dann noch mehr Stellen – etwa für Beförderungen – der eigentlichen Verwaltungsmitarbeiter. Eine sonst übliche Bestenauslese für dann entfristete Stellen findet nicht statt.

Rechtlich mag das Ministerium im Vorteil sein, die Taktik zur dauerhaften politischen Begünstigung ging dann auch auf: erst Vertraute teuer versorgen und dann der Mitsprache des Personalrats entziehen. Politisch aber hat der Fall für die Linken eine ganz eigene Dimension. Nämlich den Beigeschmack, dass sie, als sie 2009 erstmals als Regierungspartei antraten, auch beim eigenen Personal alles anders machen als die anderen Parteien.

Ingmar Höfgen (mit axf)

Ingmar Höfgen (mit axf)

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