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Brandenburg: Verstärkung für Landgericht Potsdam wird geprüft

Schöneburg will „kurzfristig“ zusätzliche Richter zur Verfügung stellen. Verfahrensstau bei Umweltdelikten sei „nicht akzeptabel“

Von Matthias Matern

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Potsdam - Um den Verfahrensstau zu Umweltdelikten am Landgericht Potsdam abzubauen, will Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) prüfen lassen, ob kurzfristig die Zahl der Richter am Gericht aufgestockt werden kann. Am Dienstag traf sich der Minister mit dem Präsidenten des Landgerichts, Christian Gaude. Dabei seien „verschiedenste Lösungsansätze diskutiert“ worden, teilte das Justizministerium am Mittwoch auf PNN-Nachfrage mit. Es werde geprüft, „inwieweit kurzfristig auch personell gehandelt werden kann“. „Ist dies möglich, werde ich die entsprechenden Maßnahmen auch schnell umsetzen“, teilte Schöneburg gestern mit.

Derzeit hängen im Land Brandenburg fünf Verfahren im Bereich Umweltkriminalität in der Warteschleife, obwohl die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam bereits vor geraumer Zeit Anklage erhoben hatte. Vier davon sollen eigentlich vor dem Landgericht Potsdam verhandelt werden, darunter auch der wohl umfangreichste und schwerwiegendste Müllskandal der vergangenen Jahre im Land Brandenburg. 2008 entdeckten Ermittler des Landeskriminalamtes Brandenburg in insgesamt sieben Gruben und ehemaligen Deponien im Landkreis Potsdam-Mittelmark zusammen rund 144 000 Tonnen illegal entsorgten Müll. Daraufhin wurde im Herbst desselben Jahres der Ex-Polizist und Chef einer Entsorgungsfirma aus Borne bei Belzig, Bernd R., festgenommen und wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft gesteckt. Der entstandene Schaden wurde auf bis zu 60 Millionen Euro beziffert. Im Mai 2009 wurde Anklage erhoben. Seit Anfang 2010 ist der als „Müllpate“ bekannt gewordene Bernd R. gegen Auflagen wieder auf freien Fuß und wartet auf seinen Prozess. Vergangenen Oktober wurde im Fall des Müllpaten vom Landgericht Potsdam die Eröffnung eines Hauptverfahrens beschlossen. Ein Termin wurde bislang aber nicht festgesetzt. Mit dem ersten Verhandlungstag sei nicht vor Oktober diesen Jahres zu rechnen, so ein Gerichtssprecher. Für den Fall seien mindestens 30 Verhandlungstage notwendig. Allein die Hauptakten seien 7000 Seiten stark.

Wie berichtet, sind Ermittler unzufrieden, weil häufig so viel Zeit vergeht, bis solche Fälle vor Gericht verhandelt werden. Zumal sich bei besonders langen Verzögerungen laut Gesetz die Verfahrensdauer strafmildernd auswirken kann. Auch Minister Schöneburg findet den „Zustand nicht akzeptabel“, hat aber auch Verständnis für die Richter. Solche Verfahren wie dies zum Fall Bernd R. seien „sehr umfangreich und schwierig“, so Schöneburg. „Zudem haben die Kammern vorrangige Haftsachen zu bearbeiten, die zusätzliche Kapazitäten binden. Dies führt zwangsläufig dazu, dass die anhängigen Verfahren nach hinten verschoben werden.“

Darauf verweist auch das Landgericht. So seien Ende vergangenen Jahres mehrere große Verfahren hinzugekommen, bei denen Angeklagte in Untersuchungshaft säßen oder saßen, darunter etwa der Fall des Jurastudenten aus Rathenow (Havelland), der seine Eltern ermordet hatte, erläuterte der Gerichtssprecher. Werde in solchen Fällen nicht innerhalb von sechs Monaten mit der Hauptverhandlung begonnen, drohe eine Haftprüfung. Dies gelte es zu vermeiden, da sich eine Verzögerung zugunsten eines Falls, bei dem der Angeklagte nicht in Untersuchungshaft sitze, nicht begründen lasse, so der Gerichtssprecher.

Dass deshalb jedoch andere Fälle wie der des Müllpaten liegen bleiben müssten, liege am fehlenden Personal in den Gerichten, heißt es in Justizkreisen. Er sehe aber dagegen vor allem Probleme bei der Arbeitsorganisation, sagte Schöneburg noch Anfang der Woche der Nachrichtenagentur dpa. Diese Meinung scheint sich allerdings im Gespräch mit Gerichtspräsident Gaude etwas relativiert zu haben. „Kurzfristig scheinen hier alle Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft zu sein. Gleichwohl wird sich das Landgericht Potsdam auch hier nochmals Gedanken machen müssen. Zudem werde ich eine mittelfristige Lösung auf ihre Umsetzbarkeit und Praktikabilität prüfen lassen“, sagte der Justizminister. Matthias Matern

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