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Brandenburg: Verurteilter Mörder auf der Flucht
Als er 16 Jahre alt ist, ermordet er mit einem Komplizen einen Obdachlosen. Der Jugendliche wird verurteilt, kommt später in den offenen Vollzug. Nun ist er in Brandenburg kurz vor seiner entlassung aus dem offenen Vollzug gefohen.
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Wriezen/Frankfurt (Oder) (dpa/bb) - Ein verurteilter Mörder ist aus dem offenen Vollzug der Haftanstalt Wriezen (Märkisch-Oderland) geflohen. Der 21-Jährige gelte für die Öffentlichkeit aber nicht als gefährlich, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion Ost in Frankfurt (Oder) am Dienstag. Er bestätigte damit einen Bericht der „Märkischen Oderzeitung“ vom selben Tag. Der Flüchtige sei im offenen Vollzug gewesen und am Montag nicht mehr ins Gefängnis zurückgekehrt. Nach Angaben des Brandenburger Justizministeriums in Potsdam sollte er im Juli 2013 vorzeitig entlassen werden.
Ein Sprecher der Frankfurter Staatsanwaltschaft sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, der Flüchtige sei im April 2008 mit einem Komplizen wegen Mordes an einem Obdachlosen in der Oderstadt verurteilt worden - zu einer Jugendstrafe von je acht Jahren. Das Landgericht hatte es als erwiesen angesehen, dass die beiden damals 16-Jährigen ihr Opfer 2007 schwer misshandelten und anschließend in einem Park in einen Teich warfen. Der Obdachlose ertrank. Die Täter hatten ihrem Opfer 3,30 Euro und sechs Zigaretten gestohlen.
Vor der Haft habe der aus Polen stammende Mann in Frankfurt (Oder) gelebt, sagte der Polizeisprecher. An der Grenze zu Polen habe es am Montagabend Kontrollen gegeben. „Die polizeilichen Maßnahmen laufen“, hieß es. Einzelheiten wollte der Sprecher dazu nicht nennen - auch nicht, ob die Kontrollen andauerten.
Der 21-Jährige sei nach ersten Erkenntnissen seit Juli dieses Jahres im offenen Vollzug, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.
Das bedeutete, dass der 21-Jährige tagsüber ohne Bewachung außerhalb des Gefängnisses eine Berufsausbildung absolvieren durfte und abends zurückkehren musste. „Er hatte eine hervorragende Sozialprognose.“ Deswegen seien ihm Lockerungen und der offene Vollzug gewährt worden.
Zuvor habe der junge Mann von September 2008 bis Juli 2011 eine Therapie in Wriezen absolviert. Er habe sich so entwickelt, dass er als nicht mehr gefährlich gelte, sagte der Sprecher. Warum er sich aus dem Staub gemacht habe, sei völlig unklar.
Der aktuelle Fall sei der bislang vierte in diesem Jahr, in dem Häftlinge abhanden kamen - drei Mal aus dem offenen Vollzug, ein Mal bei einer bewachten Ausführung. Experten sprechen nicht von Flucht, sondern von „entweichen“. Zum Vergleich: 2011 waren es den Angaben zufolge sechs Fälle, 2010 gar keiner.
Erst im März 2012 war ein 30 Jahre alter Häftling bei einem Besuch der Großmutter in Bad Liebenwerda (Elbe-Elster) geflohen - in einer filmreifen Aktion. Der Mann hatte sich in Begleitung von zwei Beamten auf einer „Ausführung“ befunden. Kurz bevor er seine Großmutter verlassen wollte, war er noch kurz auf die Toilette gegangen - und aus dem Fenster getürmt. Die Beamten waren nicht in dem Raum.
Der Flüchtige, der wegen Diebstahls und räuberischer Erpressung in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen saß, war ein paar Tage später gefasst worden. Die beiden Bediensteten seien disziplinarisch zur Verantwortung gezogen worden, sagte am Dienstag der Sprecher des Justizministeriums. Welche Folgen das gehabt hat, wollte er aber nicht sagen. „Eine Verfehlung wurde festgestellt.“
Leticia Witte
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