Brandenburg: Verwirrspiel um Tötung der eigenen Mutter 19-Jähriger aus Rathenow schweigt im Prozess
Potsdam - Als sich Mathias N. am Montagmorgen auf die Anklagebank setzte, schaute er nur kurz zu seinem als Nebenkläger auftretenden Vater herüber.
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Potsdam - Als sich Mathias N. am Montagmorgen auf die Anklagebank setzte, schaute er nur kurz zu seinem als Nebenkläger auftretenden Vater herüber. Ansonsten vermieden beide zum Prozessauftakt im Potsdamer Landgericht jeglichen Blickkontakt. Dem 19-Jährigen aus Rathenow wird vorgeworfen, seine Mutter am 6. April getötet zu haben. Der Vater fand die Leiche seiner Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung. Nun, ein halbes Jahr später, begegneten sich Vater und Sohn im Gericht wieder. Als Nebenkläger will der Vater seinen Sohn im Prozess um den mutmaßlichen Totschlag mit zur Rechenschaft ziehen. Doch zum Auftakt kam es anders, als vom Gericht geplant. Ein langwieriges Verwirrspiel um den Gesundheitszustand des Angeklagten ging vor allem an die Nerven seines Vaters.
Noch am Morgen hatte der schlaksige Angeklagte mit den kurz geschorenen blonden Haaren mit festem Blick die Anklagebank angesteuert, neben seinem Verteidiger Platz genommen und sich die Anklage angehört. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wirft ihm vor, seine Mutter Ina im Streit um seine Lehrstelle zunächst mit der Faust und dann mit einem Gegenstand geschlagen zu haben, bis die 45-Jährige blutend auf den Boden sank. Dann soll sich der Sohn auf sie gekniet haben, ihr ein Computerkabel um den Hals gelegt und sie erdrosselt haben. Er war dann drei Tage auf der Flucht, ehe ihn die Polizei in Brandenburg/Havel stellen konnte. Mathias N. wollte sich am Montag zu den Vorwürfen nicht äußern.
Überhaupt kam der Prozess nicht richtig voran. Zunächst wurde die Verhandlung unterbrochen, weil ein Zeuge noch nicht anwesend war. Nach der Pause kam Verteidiger Steffen Kalauch sichtlich irritiert in den Saal und überbrachte die Nachricht: Mathias N. sitze in seiner Zelle, habe sich übergeben, ihm sei schwarz vor Augen. Eine anwesende Medizinerin untersuchte ihn und bestätigte: Der Angeklagte hyperventiliere und habe einen viel zu hohen Ruhepuls von 140. Zur Sicherheit gerufene Rettungssanitäter diagnostizierten: Mathias N. spucke nur Wasser, das er zuvor getrunken habe. Schließlich riefen die Sanitäter eine Ärztin herbei. Diese verabreichte Mathias N. ein Beruhigungsmittel und erklärte ihn für den Tag als nicht verhandlungsfähig.
Am Mittag schlossen Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger ihre Akten. Der Vater verließ in einer Menschentraube aus Angehörigen und Freunden kraftlos das Justizgebäude. Vor der Tür erklärte seine Anwältin Delphine Holzendorf, ihr Mandant wolle kämpfen und auch an den weiteren sieben Prozessterminen teilnehmen. Die Situation sei zwar „katastrophal“ für ihn, aber: „Er will das durchstehen, er will dabei sein.“ Ein Urteil soll nach derzeitiger Planung am 3. Dezember verkündet werden. Jens Twiehaus
Jens Twiehaus
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