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Von Matthias Matern: Viagra und Diätpillen gefälscht – Zoll zerschlägt Bande Zwei Haupttäter kommen aus der Region Potsdam Bande machte europaweit Millione-Gewinne

Potsdam/Berlin - Der Staatsanwaltschaft Potsdam und dem Zoll ist ein großer Schlag gegen den internationalen Handel mit gefälschten Medikamenten gelungen. Dabei führt eine der Hauptspuren auch in das Land Brandenburg.

Von Matthias Matern

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Potsdam/Berlin - Der Staatsanwaltschaft Potsdam und dem Zoll ist ein großer Schlag gegen den internationalen Handel mit gefälschten Medikamenten gelungen. Dabei führt eine der Hauptspuren auch in das Land Brandenburg. Zwei der insgesamt sieben Haupttäter sind nach PNN-Informationen vergangene Woche bei Wohnungsdurchsuchungen in Potsdam und in Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) festgenommen worden. Die zwei Männer mittleren Alters seien Teil eins der größten internationalen Netzwerke für den Internetvertrieb illegaler Arzneimittel, hieß es am Freitag aus Ermittlerkreisen.

Insgesamt wurden Angaben des Zollfahndungsamtes Berlin-Brandenburg zufolge 60 Objekte durchsucht; 20 in der Tschechischen Republik und 40 in Deutschland, darunter auch die beiden Wohnungen im Land Brandenburg. Sichergestellt worden seien neben Arzneimitteln und Daten auch Bargeldbeträge unterschiedlicher Währungen sowie Vermögenswerte wie hochwertige Unterhaltungselektronik und Luxuslimousinen, teilten Zoll und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Erklärung mit. „Der Wert der einzelnen Fahrzeuge liegt zum Teil deutlich über 100 000 Euro“, berichtete Zoll-Sprecher Norbert Scheithauer gestern. Bei den anderen festgenommenen Haupttätern handele es sich um Personen im Alter von 33 bis 61 Jahren verschiedener Nationalität. Laut Scheithauer drohen den Beschuldigten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.

Organisiert worden sein soll der Handel von Tschechien aus und von eigens gegründeten Firmen in Deutschland. Das Netzwerk habe vor allem Kunden im deutschsprachigen Raum beliefert, so Zoll und Staatsanwaltschaft. Die Bande sei auf den Handel mit gefälschten Potenzmitteln der Marken „Viagra“, „Cialis“ und „Levitra“ spezialisiert gewesen. Um die tatsächlichen Zahlungsempfänger zu verschleiern hätten die Täter ein weltweit verzweigtes Netzwerk von Briefkastenfirmen. Die Gelder seien unter anderem auf Konten in Prag und auf Zypern gelandet. Nach einem Bericht der „Welt“nahmen die Betrüger in den vergangenen zwei Jahren mehr als 18 Millionen Euro ein. Diese Summe wollte die Staatsanwaltschaft Potsdam nicht bestätigen. Ein Sprecher gab lediglich einen Umsatz „im zweistelligen Millionenbereich“ an

Auf die Spur brachte die Ermittler ein verärgerter Internetnutzer. „Ein Bürger hat sich bei uns beschwert, dass in seinem E-Mail-Account immer wieder dubiose Angebote für irgendwelche Pillen auftauchen“, berichtete Zoll-Sprecher Scheithauer. Daraufhin seien Ermittlungen aufgenommen worden. „Es ist mittlerweile Standard bei uns, solche Angebote zurückzuverfolgen.“ Infolge dessen sei es gelungen, im Zollpostamt mehrere für Deutschland bestimmte Sendungen abzufangen. „Säcke voll Medikamente“ hätten die Beamten sichergestellt.

Der erste Erfolg der deutschen Behörden blieb nicht ohne Wirkung. Alarmiert durch Beschwerdemails ihrer Kunden hätte die Bande daraufhin ihre Prozedere geändert und versucht, die Medikamente über die Landstraße nach Deutschland zu bringen, berichtete Norbert Scheithauer weiter. Dort seien die Lieferungen erneut abgefangen worden.

Laut Zoll hat der Handel mit gefälschten Medikamenten zuletzt deutlich zugenommen. Nach offiziellen Angaben hat sich die Menge der sichergestellten Fälschungen seit 2005 vervierfacht. Schätzungen zufolge sind ein Prozent der in Europa verkauften medizinischen Produkte betroffen. Allein 2010 stellte der deutsche Zoll nach eigenen Angaben fünf Millionen illegale Medikamente sicher. Häufig sind die Präparate für die Kunden günstiger als zugelassene Arzneien, zudem muss kein Rezept vorgelegt werden.

Hergestellt würden die Plagiate in sogenannten „Untergrundlaboren“ im osteuropäischen und fernöstlichen Raum, sagte Zollsprecher Scheithauer. Untergebracht seien sie etwa in Wohnungen oder alten Gewerbegebieten. „Für chemische Labore braucht man nicht viel Platz. Gerätschaften, wie Reagenzgläser, gibt es überall zu kaufen.“ Die Kunden gehen indes ein hohes Risiko ein. „Bestenfalls enthalten die Pillen gar keinen Wirkstoff. Doch oft werden von den skrupellosen Fälschern auch hochgefährliche Chemikalien beigemischt“, warnte Scheithauer.

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