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Naturschutz: Vogelschutz im gesetzlosen Raum

Viel wurde geredet, aber was dabei letztlich herausgekommen ist, sei zu wenig, finden zumindest Umweltschützer und die Bauwirtschaft.

Von Matthias Matern

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Potsdam - Nach mehr als einem Jahr parlamentarischer Debatte wurde am Donnerstag die Änderung des brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit den Stimmen der SPD/Linke-Koalition beschlossen. Auch in der Opposition im Landtag stieß der von Umweltministerin Anita Tack (Linke) vorgelegte Entwurf auf Ablehnung. Notwendig wurde die Novellierung wegen der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vor zwei Jahren.

Neben einer Anpassung an das Bundesrecht soll das neue Landesgesetz auch den Schutzstatus von landesweit insgesamt 20 Vogelschutzgebieten festschreiben, die bereits vor etlichen Jahren an die EU nach Brüssel gemeldet worden waren. Dabei geht es nach Angaben des Umweltministeriums um insgesamt 22 Prozent der Landesfläche. Ferner geht es um Ausgleichsleistungen für Eingriffe in die Landschaft. Vorgesehen sind im Bundesnaturschutzgesetz Kompensationsmaßnahmen und in Ausnahmefällen Ersatzzahlungen.

CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski warf Rot-Rot jedoch vor, beide Optionen gleichzustellen und damit gegen das Bundesrecht zu verstossen. Dies belege auch ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes. Insofern sei die Novelliereung „handwerklich schlecht gemacht“, meinte Dombrowski. Der FDP-Agrarexperte Gregor Beyer sprach von einer vergebenen Chance, weil das Gesetz durch die Restriktionen Investitionen hemme, statt zu ermöglichen. Dem Umweltexperten der Grünen, Michael Jungclaus, geht das Gesetz hingegen nicht weit genug: „Zu wenig, zu zaghaft und immer wieder Verweise auf andere Zuständigkeiten – typisch Brandenburg.“

Tatsächlich wurden aus dem Entwurf detaillierte Vorgaben etwa zur Frage, was in den Vogelschutzgebieten erlaubt und was verboten ist, gestrichen. Dafür stark gemacht hatte sich der Landesbauernverband, der über seinen Präsidenten Udo Folgart auch in der SPD-Fraktion sitzt. Ge- und Verbote sollen nun „außergesetzlich“ geregelt werden, so Folgart. Der Bauernbund Brandenburg, der sich vor allem als Vertreter bäuerlicher Familienbetriebe versteht, lehnt die Änderung dagegen grundsätzlich ab (siehe Interview).

Reinhold Dellmann, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau, sieht aber durch die offenen Fragen erhebliche Probleme für künftige Infrastrukturprobleme. „Der Gesetzentwurf der Landesregierung war gut und hätte rechtssichere Verfahren ermöglicht“, meinte Dellmann gegenüber den PNN. Der Beschluss der Koalitionsfraktionen sei ein Einknicken vor einseitigen Landwirtschaftsinteressen, so der Bauverbandsfunktionär.

Axel Kruschat, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland in Brandenburg, ist zudem skeptisch, dass eine außergesetzliche Festlegung der Ge- und Verbote in absehbarer Zeit möglich ist. „Dafür ist das Ministerium personell gar nicht aufgestellt“, so Kruschat. Schließlich müsste für jedes einzelne Schutzgebiet unter Einbeziehung der Betroffenen vor Ort eine entsprechende Verordnung erarbeitet werden. „Da würden Jahre vergehen.“

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