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Massentierhaltung: Streit um Abstimmungstermin: Volksentscheid in den Sommerferien?

Potsdam - Ob es ein Versehen war oder beabsichtigte Behinderung – der Grünen-Fraktionschef im Landtag, Axel Vogel, will nicht das Schlimmste annehmen. Fest steht aber: Die Landtagsverwaltung hat vorgeschlagen, den möglichen Volksentscheid gegen Massentierhaltung auf das erste Wochenende in den Sommerferien zu legen, nämlich auf den 24.

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Potsdam - Ob es ein Versehen war oder beabsichtigte Behinderung – der Grünen-Fraktionschef im Landtag, Axel Vogel, will nicht das Schlimmste annehmen. Fest steht aber: Die Landtagsverwaltung hat vorgeschlagen, den möglichen Volksentscheid gegen Massentierhaltung auf das erste Wochenende in den Sommerferien zu legen, nämlich auf den 24. Juli, mitten in der Urlaubszeit. Laut einem internen Vermerk, der der „Bild“-Zeitung vorliegt, hat die Landtagsverwaltung eine tabellarische „Ereigniskette“ erstellt. Unter Berücksichtigung aller gesetzlichen Fristen „wäre der letzte mögliche Abstimmungstag für einen dann stattfindenden Volksentscheid der 24. Juli 2016“, heißt es in dem dreiseitigen Papier.

Grünen-Innenexpertin Ursula Nonnemacher sagte, es wäre es ein „No-Go“, für den ersten vom Volk selbst erzwungenen Volksentscheid im Land seit 1990 einen Termin in den Sommerferien zu wählen, wenn viele Bürger verreist sind. Sie plädierte für den 10. oder 17. Juli als späteste Termine. Auch die Initiatoren des erfolgreichen Volksbegehrens zeigten sich „irritiert wegen der unglücklichen Terminwahl“. „Es kann doch nicht sein, dass die Landesregierung mit solchen Taschenspielertricks versucht, die demokratische Mitwirkung des Volkes zu sabotieren“, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses Agrarwende, Axel Kruschat. Mit Blick auf Erfolge der rechtspopulistischen AfD sagte er: „Die in Brandenburg weit verbreiteten Zweifel an der Demokratie werden durch solche Manöver noch weiter genährt.“ Kruschat forderte eine rechtzeitige Sondersitzung des Landtags, um die Abstimmung vorziehen zu können. Für das Volksbegehren kamen nach vorläufigem Ergebnis 103 891 gültige Unterschriften zusammen.

Bislang ist offen, ob es überhaupt zum Entscheid kommt, da sich erst der Landtag mit dem erfolgreichen Volksbegehren befassen muss. Voraussichtlich Ende April könnte der Landtag über das Volksbegehren abstimmen. Dessen Initiatoren wollen erreichen, dass riesige Mastanlagen für Geflügel und Schweine nicht weiter mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Lehnt das Parlament das Volksbegehren ab, muss es innerhalb von drei Monaten zum Volksentscheid kommen. Wegen der nötigen Vorbereitungen – wie das Verschicken von Unterlagen – kalkuliert der Landtag mit dem 24. Juli als Termin des Entscheids.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel schätzt die Chancen, dass Rot-Rot sich zuvor für einen Kompromiss ausspricht, dem die Initiatoren des Volksbegehrens zustimmen können, bei 50:50. Während die Linken hinter vielen Forderungen stehen und Verbraucherschutzminister Helmuth Markov das Begehren sogar unterschrieben hat, hat sich die SPD mit Agrarminister Jörg Vogelsänger bisher ablehnend geäußert. Aus Koalitionskreisen hieß es, Knackpunkte bei den Verhandlungen mit dem Agrarwende-Bündnis seien das geforderte Verbandsklagerecht und die Einscheidungshoheit der Gemeinden, was die Bauordnung aushebeln würde. Kruschat sagte, nachdem Rot-Rot die Initiative stets abgekanzelt habe, sei jetzt nicht die Zeit, um über Kompromisse zu reden. Rot-Rot müsse substanzielle Vorschläge machen.

Vogel machte indes einen gesellschaftlichen und politischen Wandel in Fragen der Tierhaltung aus. „Die politischen Rahmenbedingungen sind so, dass Herr Vogelsänger wie ein Fossil wirkt“, sagte der Grünen-Politiker. Und mit Blick auf Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) meinte er: „Von daher wird sich die Frage stellen, ob sich Woidke auf die Seite der Versteinerung stellt, oder ob Woidke seinen Landwirtschaftsminister anweist, etwas lebendiger zu werden.“ Alexander Fröhlich

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