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Brandenburg: Von der Deponie geholt

Bislang größter spätbronzezeitlicher Fund im Oderraum entdeckt / Beile aus allen Teilen Europas

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Bislang größter spätbronzezeitlicher Fund im Oderraum entdeckt / Beile aus allen Teilen Europas Von Sandra Schipp Potsdam/Lebus. Beinahe wäre der größte spätbronzezeitliche Fund im Oderraum den Brandenburger Archäologen durch die Lappen gegangen. Als die Experten vom Landesamt für Denkmalpflege im Mai an der Baustelle für ein Einfamilienhaus in Lebus eintrafen, war der Schatz schon auf dem Weg zur Deponie. Er hatte genau eine Baggerschaufel gefüllt. Doch bei Voruntersuchungen auf dem Schlossberg Lebus war klar geworden: Hier könnte wirklich etwas liegen. Als auch noch drei bronzene Beile entdeckt wurden, begannen Profis und Hobbyarchäologen gemeinsam mit ihrer akribischen Arbeit. Sie untersuchten zunächst den Fundort und schließlich auch Abraumhalden auf der Bauschuttdeponie. Und dort wurden sie schließlich fündig am 26. August. Auf nur einem Quadratmeter Fläche lagen 98 bronzene Beile, zwei große Ringe, ein Schwert und ein Bronzebarren. Zwar sehen die mit Grünspan überzogenen, vielleicht nur 15 Zentimeter großen Beilköpfe ziemlich unspektakulär aus, die Archäologen können jedoch ihr Glück kaum fassen. Der Hort sei mit 22,5 Kilogramm Gewicht der größte spätbronzezeitliche Fund weit über den Oderraum hinaus, sagte Landesarchäologe Jürgen Kunow am Dienstag in Potsdam. Seit 50 Jahren habe es einen so bedeutenden Fund in Brandenburg nicht mehr gegeben. Bislang wurden im gesamten Oderraum 166 Beile aus spätbronzezeitlichen Horten geborgen. Nun gibt es einen fast ebenso großen neuen Fundus, der noch dazu in seiner Vielfalt einzigartig ist. Neben den einheimischen Tüllen- und Lappenbeilen wurden nämlich Stücke gefunden, die eigentlich in ganz anderen Teilen Europas – etwa in der Normandie oder in Siebenbürgen – verbreitet waren. Dies beweise, dass Brandenburg zur Bronzezeit Teil einer internationalen Welt war, sagt Kunow. Was die Experten grübeln lässt, ist allerdings der Zweck des Hortes. Bronze war in Brandenburg ein rarer und teurer Rohstoff, der nicht einfach so in der Erde verscharrt wurde. Zudem war offenbar kaum eins der Beile je benutzt worden. Ein Teil davon war sogar Ausschuss – im Guss misslungen und für die praktische Verwendung ungeeignet. Das ebenfalls nie benutzte Schwert war absichtlich zerstört worden, bevor es zu den anderen Bronzen kam. Durchaus denkbar ist daher, dass auf dem Lebuser Schlossberg das Rohstoffdepot eines Gießers entdeckt wurde. Die Archäologen sind da jedoch skeptisch. Sie vermuten, dass die Bronzen als Opfergaben endeten. Dann könnte der Fund auch helfen, das Opferbrauchtum und die Religion der damaligen Zeit besser zu verstehen. Trotz allem, ein Jahrhundertfund sei der Lebuser Hort definitiv nicht, sagt Kunow. Schließlich sei das Jahrhundert noch lang, und da hoffe man natürlich auf noch mehr große Entdeckungen. Die Fundstücke werden nun in den Kühlkammern des Landesamtes für archäologische Denkmalpflege in Wünsdorf gelagert und in Ruhe restauriert. Anschließend sollen sie in Ausstellungen unter anderem im Lebuser Land gezeigt werden.

Sandra Schipp

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