Brandenburg: Vorbild Schwarzwald
Mehr als 20 Bürgerinitiativen fordern von Rot-Rot, auf Windparks in Wäldern zu verzichten. Doch die Landesregierung hat kaum eine andere Wahl
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Potsdam - Im Jahr 2030 sollen im Land Brandenburg Windräder mit einer Gesamtleistung von 10 600 Megawatt stehen. Dem Entwurf für die Energiestrategie 2030 der rot-roten Landesregierung zufolge, sind dafür Windräder auf einer Gesamtfläche von 583,3 Quadratkilometern, etwa 1,9 Prozent der Landesfläche, notwendig. Noch aber ist die Koalition aus SPD und Linke weit von ihrem selbst gesteckten Ziel entfernt. Nach wie vor bremst der Widerstand gegen die „Verspargelung“ in der Bevölkerung den Ausbau. Am Mittwoch übergaben mehr als 20 Bürgerinitiativen in Potsdam Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) eine Petition gegen Windräder in Wäldern.
Rot-Rot werfen die Bürgerinitiativen vor, Brandenburgs Wälder zugunsten der gewünschten Windkraftflächen zu opfern. Schließlich sei der Regierung bewusst, dass die Vorgabe von 1,9 Prozent der Landesfläche „mit der bisherigen gesetzlichen Regelung“ nicht zu erfüllen sei, heißt es in der Petition. Der im Januar 2011 von Umweltministerin Anita Tack (Linke) herausgegebene Windkrafterlass diene nur dazu, „die großflächige Rodung der märkischen Wälder für die Errichtung von Windkraftanlagen zu ermöglichen“. Nach vorliegenden Erfahrungen müssten für eine Anlage bis zu 7000 Quadratmeter Wald dauerhaft zerstört werden. Die Bürgerinitiativen fordern deshalb, den Erlass zurückzunehmen. Angeschoben worden war die Aktion von der Bürgerinitiative Fichtenwalde aus Potsdam-Mittelmark. Die Petition war von 639 Unterstützern unterschrieben worden.
Tatsächlich ist die Nutzung der Wälder für die Landesregierung die einzige Möglichkeit, das Ausbauziel zu erreichen. Derzeit beträgt die landesweit installierte Leistung gerade einmal 4601 Megawatt. Von den geplanten 583,3 Quadratkilometern sind erst knapp 400 für die Windkraft erschlossen. Erschwerend kommt hinzu, dass die fünf Regionalen Planungsgemeinschaften des Landes mit der Überarbeitung ihrer Windeignungsgebiete nicht voran kommen. Erst 2010 etwa war der „Teilplan Windenergienutzung“ der Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming gerichtlich wegen erheblicher Mängel als unwirksam erklärt worden. Doch ohne diese Pläne fehlen Investoren die Grundlage für neue Anlagen. Die bestehenden Gebiete sind aus Landessicht „ausgereizt“.
Die Verzögerungen bei der Ausweitung der Windeignungsgebiete ist aus Sicht von Günter Hälsig vom Landesumweltministerium ein „Dilemma“. Das Potenzial der Wälder hält Hälsig für „groß“. Vor allem sogenannte Wirtschaftswälder mit einer Kiefermonokultur ließen sich gut nutzen. Dabei sei Brandenburg keineswegs bundesweit Vorreiter. „Selbst im Schwarzwald stehen Windräder“, meint Hälsig.
Der Naturschutzbund Brandenburg (Nabu) aber lehnt Windräder in Wäldern ab. Zum einen würden Tiere wie die Fledermaus gefährdet. Zum anderen müssten große Flächen gerodet werden, etwa um die Wartung zu ermöglichen. Dabei könnte die Landesregierung auch so auf die angepeilte Leistung kommen, ist sich Nabu-Landeschef Tom Kirschey sicher. So sei etwa der Mindestabstand von drei Kilometern zwischen Windparks überflüssig, da dort ohnehin eine Beeinträchtigung gegeben sei, findet Kirschey. Auch die Abstandspflicht zu Bundesautobahnen könnte entfallen, da zugrunde liegende Probleme auch anders gelöst werden könnten, meint er. Überdies müsste verstärkt auf das Repowering, das Austauschen bestehender Anlagen durch effektivere Technik, gesetzt werden. „Wenn man alle alten Anlagen mit weniger als zwei Megawatt Leistung ersetzen würden, würde sich Brandenburgs Gesamtkapazität verdoppeln“, so Kirschey.
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