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Ernüchterung in der Traumfabrik. Groß waren die Hoffnungen, als der Solar-Konzern Conergy 2006 das Gebäude der gescheiterten Chip-Fabrik in Frankfurt (Oder) übernahm. Mittlerweile sind die Hamburger Solarmodulebauer selbst in Bedrängnis.

© Patrick Pleuel/dpa

Conergy: Vorzeige-Fabrik ist zur Last geworden

Der Solar-Konzern Conergy müsste dringend am Standort Frankfurt (Oder) investieren, hat aber kein Geld - entsprechend düster sind die Aussichten für das Werk.

Von Matthias Matern

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Frankfurt (Oder)/Hamburg - Einst wurde die Investition als „Schlüsselansiedlung für das Land Brandenburg“ und als Aushängeschild für die „Solarstadt Frankfurt Oder“ gefeiert, heute gilt die Produktionsstätte des angeschlagenen Solarunternehmens Conergy als Problemfall. Wegen zu hoher Produktionskosten und zu geringer Kapazität ist der Fertigungsstandort für Solarmodule längst zum Wettbewerbsnachteil für den krisengebeutelten Hamburger Konzern geworden. Entsprechend düster sind die Aussichten für das Werk, das 2007 in den Hallen der gescheiterten Chip-Fabrik eingerichtet worden war. Derzeit beschäftigt Conergy in Frankfurt rund 700 Mitarbeiter, davon 250 Zeitarbeiter. Um die Solarmodule-Schmiede wieder flott zu bekommen, müsste investiert werden, doch dafür fehlt den von Insolvenz bedrohten Hamburgern das Geld.

Wie es um den Standort bestellt ist, hat der börsennotierte Konzern in seinem Wertpapierprospekt vom 22. Juli dargelegt. „Das angestrebte jährliche Gesamtvolumen an Solarmodulen“ sei „möglicherweise zu gering, um bei der Produktion von Standardmodulen die Wettbewerbsfähigkeit der Produktionsanlagen in Frankfurt (Oder) für die Zukunft zu gewährleisten“, heißt es in dem Bericht. Bereits heute lägen die „Produktionskosten pro Wp (Spitzenleistung; Anm. d. Red.) bei Solarmodulen von Conergy“ über denen „asiatischer Wettbewerber“, wird in dem Prospekt weiter mitgeteilt. Notwendig sei deshalb „eine Umstellung der Produktionslinie von Standard- auf Spezialmodule“ und eine „Kapazitätserweiterung“. „Beides würde allerdings Investitionen in nicht unerheblichem Maße erfordern, die aufgrund der wirtschaftliche angespannten Lage von Conergy gegenwärtig aber finanziell nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang umsetzbar sind“, lautet das ernüchternde Fazit.

Tatsächlich geht es bei Conergy derzeit um das nackte Überleben. Grund sind nach wie vor immense Schulden und eine sinkende Liquidität. Laut Wertpapierprospekt hat der Konzern gerade noch 25,2 Millionen Euro für anstehende Geschäfte in der Kasse. Doch gerade für die Entwicklung von Solarparks, einem weiteren Standbein der Hamburger, ist verfügbares Geld für die Vorfinanzierung enorm wichtig. Zumindest gelang es dem Konzern zuletzt, die Summe an Verbindlichkeiten durch Umschuldung von 323 Millionen Euro auf 135 Millionen Euro zu reduzieren. Doch sollte Conergy weiterhin Verluste schreiben, wäre eine Insolvenz kaum noch abzuwenden. Zuletzt machte der Konzern einen Nettoverlust von mehr als 20 Millionen Euro. Sollten „die geplanten Umsatz- und Ertragserwartungen (...) deutlich unterschritten werden, könnte der Fortbestand der Gesellschaft und des Konzerns gefährdet sein“, heißt es dazu im Prospekt. Mindestens für die nächsten zwölf Monate jedoch könnten alle Zahlungsverpflichtungen abgedeckt werden.

Gute Geschäfte aber sind kaum in Sicht. Wegen der gekürzten Solarförderung in Deutschland werden deutlich weniger Anlagen installiert. Rund 50 Prozent seines Umsatzes generiert Conergy am heimischen Markt. Aber auch in Italien, einem der wichtigsten Absatzgebiete des Konzerns im europäischen Ausland, stagnieren die Umsätze.

Trotzdem will der Konzern an seinem teuren Frankfurter Werk festhalten. „Es gibt konkret keinerlei Pläne den Standort aufzugeben“, versicherte Conergy-Sprecher Alexander Leinhos am Dienstag auf PNN-Nachfrage. Nach wie vor könnten die Module aus Frankfurt gewinnbringend verkauft werden. Weitere Investitionen am Standort seien jedoch „keine Option“, meinte Leinhos. Es werde versucht, Wettbewerbsnachteile aufgrund zu hoher Produktionskosten durch Qualität zu kompensieren. Gleichwohl müsse allen klar sein, dass der Konzern seine „Kostenstruktur optimieren“ müsse, hieß es zudem aus der Unternehmensspitze.

Insgesamt hat Conergy in Frankfurt nach eigenen Angaben 250 Millionen Euro investiert, dafür allerdings auch Fördermittel des Landes und der EU kassiert. Gestartet wurde mit reichlich Vorschusslorbeeren. „Durch die Investition von Conergy in Frankfurt (Oder) bekommt die ostdeutsche Wirtschaft insgesamt einen Wachstumsschub“, frohlockte Brandenburgs damaliger Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) bei einem Besuch kurz vor Produktionsbeginn. Besonders glücklich war man, dass nun der sichtbare Beweis für das peinliche Scheitern der Chip-Fabrik zur Vorzeige-Ansiedlung werden würde. 2003 war die Seifenblase der brandenburgischen Landesregierung von einem gemeinsamen Engagements des Chip-Herstellers Intel und eines arabischer Großinvestor endgültig geplatzt. „Es ist einfach traumhaft, wie in die drei Jahre leerstehende Produktionshalle inzwischen Leben eingezogen ist“, schwärmte Junghanns noch 2007. Nun scheint auch dieser Traum in Gefahr.

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